Zunächst hat Gianluca Alfano eine Vision: Dem promovierten Umwelttechniker aus Neapel schwebt eine Pizzeria vor, die sich am kulinarischen Gold-Standard von Rom oder Mailand misst. Gleichzeitig soll COCORE (neapolitanisch für „mit dem Herzen“) in ein zukunftsträchtiges Nachhaltigkeits-Konzept eingebettet sein. Auf der Suche nach einem Ort für sein Herzensprojekt landet Gianluca bei Herrn Pekarek: einem Drogisten in dritter Generation.
Gianluca über…
…sich: Im Hinterhof meines Elternhauses bei Neapel steht heute noch ein Pizzaofen. Dort habe ich schon als Achtjähriger Pizza gebacken. Pizza hat mich von klein auf begleitet. Die Idee, eine Pizzeria zu eröffnen, habe ich während meines Studiums entwickelt. Es war von Anfang an mein Traum, dass sie auch nachhaltig sein sollte.
… das Herzstück: Die Leute erreichst du aber nicht mit Nachhaltigkeit, sondern in erster Linie mit gutem Essen. Mein Maßstab war von Anfang an eine Pizza, die auch in Milano bestehen könnte. Dort oder in Rom und Verona werden derzeit Konzepte umgesetzt, die das Pizza-Game komplett verändern. Und dabei geht es keinesfalls nur um den Belag. Für den Teig verwenden wir Biga. Das ist ein Vorteig, der sehr aufwendig in der Herstellung ist und traditionell für Brotteig wie beispielsweise Ciabatta verwendet wird.
… slow dough: Biga bildet keine oder kaum Gluten, weil er nicht geknetet wird. Wir mischen die Zutaten weniger als eine Minute lang und lassen den Biga anschließend bis zu 24 Stunden gehen. Am nächsten Tag hast du fermentierten Vorteig mit sehr geringem Hefe-Anteil, der das Endprodukt, den Teig, sehr bekömmlich und speziell im Geschmack macht.
… Herrn Pekarek: Ich habe lange nach dem richtigen Ort gesucht. Eines Tages bin ich in eine Drogerie gegangen und haben den Eigentümer kennengelernt, Herrn Pekarek. Nach dem dritten Besuch habe ich ihn gefragt: Was ist Ihr Plan? Er war damals in den späten 70ern und hat gesagt, jetzt wolle er langsam wirklich in Pension gehen. Also habe ich ihm von meinen Plänen erzählt. Und er meinte, lass uns mit dem Hausbesitzer reden. Wir wurden Freunde.
… alt mach‘ neu: Die Drogerie war 117 Jahre lang unverändert geblieben. Wir haben den Ort zwei Jahre lang renoviert und konnten dennoch die Vergangenheit bewahren und mit der Zukunft verbinden. Wir haben Upcycling betrieben und die Einrichtungsgegenstände der Drogerie verwendet. Aus den Regalen haben wir Tische gemacht und die Apothekerschränke zu Anrichten umfunktioniert. Für die neue Inneneinrichtung haben wir weitestgehend die alte verwendet.
… nachhaltige Herausforderungen: Es ist eine Herausforderung, eine Pizzeria nachhaltig zu gestalten. Das Produkt selbst ist gar nicht das Problem. Wirklich herausfordernd ist das Gesamtgeschäft. Speziell wenn du ein kleines, traditionelles Unternehmen hast und nicht auf Unterstützung wie andere Branchen zählen kannst. Nachhaltigkeit beginnt bei der Energieversorgung, über die Baumaterialen der Renovierung bis zu den Beschäftigungsverhältnissen der MitarbeiterInnen. Ich würde gerne noch mehr machen, zum Beispiel eine 4-Tage-Woche einführen, weil wir einen harten Job mit langen Schichten haben. Aber wir sind auf einem guten Weg.