Alles für die Fisch‘
FISCHERIE: Buchhaltung und Fisch – was macht man da gemeinsam? Ein Riesen-Theater! So ähnlich ist es Theatermacherin Regina Welk und IT-Mann Mike Gross ergangen, als sie 2019 ohne Gastro-Erfahrung die Fischerie eröffneten. Profi-Koch Tarek Saleh brachte Küchen-Erfahrung ins Herzensprojekt. Seitdem gibt es neben äußerst sympathischen Wirtsleuten im fein gestalteten Lokal auch erstklassig frischen Fisch als wahres Gaumen-Gedicht.
Ihr kommt beide nicht aus der Gastro. Wie seid ihr auf die Idee gekommen, ein Lokal zu eröffnen?
Mike: Theater und Buchhaltung – was macht man da gemeinsam: natürlich ein Lokal auf (schmunzelt). Wir haben immer gerne für unsere Freunde gekocht, das lag also irgendwann auf der Hand. Wir haben zuerst ein Kaffeehaus überlegt, aber da hing unser Herz nicht dran. Und beim Essen waren wir schnell beim Thema Fisch.
Regina: Mike ist Wiener und ich komme aus Baden Württemberg und habe in Stuttgart Figurentheater studiert. Danach bin ich nach Frankreich ausgewandert und 30 Jahre lang meinem Beruf als Theatermacherin nachgegangen. Nach jahrelangem Hin und Her bin ich schließlich ganz in Wien gelandet. Das Lokal ist groß genug um es auch mit kulturellem Leben zu füllen. Ausserdem ist „ein Lokal führen und gestalten“, der Arbeit einer Regisseurin ein bisschen ähnlich.
Warum ausgerechnet Fisch?
Mike: Wien ist bei Fisch immer noch nicht sehr stark repräsentiert. Süßwasserfisch war auch klar, weil das Meer weit weg ist und völlig überfischt. Es gibt hierzulande fantastischen Süßwasserfisch und man sollte die Fischbauern mehr unterstützen! Die Österreicher essen im Vergleich zu anderen Ländern immer noch viel mehr Fleisch als Fisch. Dabei ist Fisch auch gesund.
Regina: Uns ist wichtig, dass wir wissen, mit wem wir zusammenarbeiten, wie die Fische gefüttert werden, wie sie leben und behandelt werden. Wir beziehen unter anderem Wildfang aus dem Attersee. Hier arbeiten wir zum Beispiel mit Frau Huber zusammen, eine professionelle Fischerin.
Je nachdem was sich im Netz befindet, liefert sie uns Hecht, Saibling, Brachsen, Schleien… Die Brachse ist ein wunderbarer Fisch. Wenn die Gräten fein sind, schröpfen wir sie – alle fünf Millimeter wird der Fisch gegen die Laufrichtung der Gräten eingeschnitten. Und man kann sie dann nahezu ungestört mitessen.
Wie ist der Quereinstieg gelungen?
Regina: Ich backe für mein Leben gerne. Meine „Tarte aux Citrons“ wurde schnell ein Renner. Aber es war eine sehr große Herausforderung. Am Anfang macht man Fehler, probiert sehr viel aus. Wir haben hundert Stunden die Woche gearbeitet und kaum geschlafen. Mit Tarek’s Einstieg wurde vieles neu strukturiert und jeder kann sich nun auf das konzentrieren, was er am besten meistert. Tarek bringt jahrelange Erfahrung mit und ist ein exzellenter Koch.
Mike: Ich habe am Anfang gekocht, das ging bis 15 Personen, dann bin ich geschwommen. Für die Gastro oder zu Hause kochen ist hundert zu eins. Gastro ist vor allem Organisation. Und wenn man das nicht kann, sondern erst erfahren muss, dann hat man einen langen Leidensweg. Jetzt übernimmt das Tarek der Profi, der diese Dinge gelernt hat und mit Erfahrung umsetzt.
Was macht euren Fisch aus?
Tarek: Unser Fisch ist so frisch, dass er in der Früh aus dem Wasser gefischt wird und wir ihn zu Mittag bekommen. Damit man diese Top-Qualität auch schmeckt, muss man sich was einfallen lassen. Fisch ist ein sehr sensibles Produkt. Bei der Gardauer braucht er mehr Aufmerksamkeit als Fleisch. Ein Saiblingsfilet muss am Punkt sein. Deshalb ist alles aufwändiger, was man á la minute machen muss. Ich finde das alles irrsinnig spannend.
Euer Resümee nach gut zwei Jahren in der Gastro?
Mike: Ich war mein ganzes Leben lang Bürohengst und bin bei allen Meetings unheimlich gern gestanden. Und jetzt finde ich Sitzen sehr leiwand, weil ich den ganzen Tag stehe (lacht). Das Wichtigste in der Gastro: Man muss gern was für Leute tun und gern mit Leuten kommunizieren. Das ist das um und auf.
Regina: Auch wenn ichs gewohnt war, mit Publikum umzugehen, bin ich jetzt gefordert, dem Anspruch der Gäste an ein gutes Service gerecht zu werden. Das ist aber auch das Spannende und Schöne an der neuen Aufgabe. Seit Beginn sind hier viele Freundschaften entstanden.