FRAU SVENSSON ist ein kleiner Laden in der Kettenbrückengasse, der Großes birgt. Denn was hier feilgeboten wird, sucht man anderswo in Wien meist vergeblich. Inhaberin Minttu hat sich auf Slow Food-Käse aus dem In- und nahen Ausland spezialisiert: neben gängigen Sorten wie Montasio auch handverlesene regionale Rohmilch-Produkte von Kleinst-Käsereien oder Exoten wie norwegischen Braunkäse.
Apropos Norwegen: In der nordischen Ecke finden FreundInnen der skandinavischen Kulinarik (ja die gibt es;) neben Lakritz und Keksen in allen denkbaren Varianten auch Selbstgemachtes wie karelische Piroggen oder Limonaden. Noch Fragen? Minttu kann sie ziemlich sicher beantworten (siehe unten).
Minttu über …
… sich: Ich heiße Minttu, bin halb Finnin, halb Niederländerin und in Wien geboren. Ich habe einen kleinen Laden mit Käse und nordischen Produkten. Davor war ich Immobilienverwalterin und -maklerin, das ist ein verdammt hartes Pflaster. Irgendwann war ich ausgebrannt. Ich habe mich in den Wald gesetzt und darüber nachgedacht, was ich eigentlich will. Und übrig geblieben ist nur Käse (lacht). Frau Pöhl am Kutschkermarkt hat damals MitarbeiterInnen gesucht. Ich bin praktisch bei ihr in die Lehre gegangen – ein kompletter Reset.
… die Käse-Faszination: Ich bin am Land aufgewachsen und habe immer schon eine Liebe zu Viechern gehabt, war nach der Schule im Stall der Nachbarin und wollte Landwirtin werden. Ich versuche mich auch in Käsen, den Leipäjuusto mach ich selber, das ist ein finnischer Hirtenkäse. Beim Käse interessiert mich die Machart, das regionale Umfeld und wie der Bauer arbeitet.
… die Käse-Produkte: Ich habe viele kleine Käsereien im Programm, die meisten kenne ich persönlich: den Nuart, den Deutschmann oder den Robert Paget mit seinen Büffel- und Ziegenkäse-Produkten zum Beispiel. Wie er bin ich eine große Anhängerin der Slow Food-Bewegung. Meine neueste Entdeckung ist der Gabauer Johann und sein Silberbüffelhof. Neben österreichischen Produkten habe ich auch dänische, italienische, französische oder belgische Käse, die alle Bio sind. Ich habe Exoten wie norwegischen Braunkäse im Programm, wo der Milchzucker karamellisiert ist, also süßen Käse.
… die nordischen Produkte: Ich habe auch andere nordische Produkte im Programm, zum Beispiel Karjalanpiirakka – karelische Piroggen aus Finnland. Die machen wir selber aus Roggenteig mit Reisfüllung und Auflagen, traditionell zum Beispiel Eibutter, man kann aber auch Käse, Schinken, Fisch auflegen. Karjalanpiirakka ist ein Nationalgericht mit langer Tradition. Finnische Hausfrauen mussten sich früher beweisen, wie viele sie auf einmal machen konnten. Und ihre Zukünftigen mussten bei bei Wettessen ihren Mann stehen.
Wenn es warm wird, machen wir auch Sima selbst, ein Erfrischungsgetränk aus Zitronen, Rosinen und Hefe. Oder andere Säfte wie Brazilian Lemonade aus geschredderten Limetten mit Kokosmilch. Oder Nordic Forest Lemonade mit Heidelbeeren, Tannenzweigen und Rosmarin.
… die Käse-Produktion: Bei Käse gibt es eine schier unendliche Fülle an Produktionsformen. Das beginnt beim Lab, also dem Enzym zur Gerinnung, das tierisch, mikrobiell oder aus Artischocken stammen kann. Beim Schimmelkäse kommen unterschiedlichste Pilzkulturen zum Einsatz. Beim Rotschimmelkäse wird wiederum kein Pilz zugesetzt, sondern eine Bakterienkultur durch das Einreiben des Laibs mit Bier oder Salz angesetzt. Mich interessieren solche Geschichten.
… steuerschonenden Käse: Käse ist ein altes Kulturgut. Einige Sorten wie der Tomme de Savoie oder der Formaggio di Fossa wurden früher in der Erde eingegraben. So konnten die Laibe der Steuer entgehen und gleichzeitig reifen. Das gab diesen Sorten ihren unverwechselbaren Geschmack, deshalb werden sie heute noch so aufwändig produziert. Heute sind sie deshalb ein rares Luxusgut, früher waren diese Sorten ein Produkt von armen Leuten für arme Leute.