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„Ohne Muschi am Etikett würde die Botschaft untergehen“
Zunächst war da ein Wort, dass der So...

„Ohne Muschi am Etikett würde die Botschaft untergehen“

Zunächst war da ein Wort, dass der Sozialarbeiterin und Künstlerin Sophie Tschannett nicht mehr aus dem Kopf ging: Muschikraft. Es folgten Vulva-Abziehbilder, die Sophie selbst designte. Dann kam die Idee mit dem Bier. Und Sophie fand Anna Haider. Anna ist Miteigentümerin der BRAUMANUFAKTUR SCHALKEN und war rasch überzeugt.

Seit März 2022 braut Schalken MUSCHICRAFT. Ein fruchtiges Pale Ale mit einer dezent herben Note. 10 Cent pro Flasche gehen an Frauenhäuser. Sophie will aber gegen jede Form von Diskriminierung aufzeigen. Braucht es dafür die Vulva im Logo? „Ja“, meint Sophie.

Wie bist du auf Muschicraft gekommen?

Sophie: Ich komme aus dem Sozialbereich und habe mit Bierbrauen gar nichts am Hut. Mir war klar, ich brauche jemanden, der das für mich macht. Und Anna war die Erste, die gesagt hat, „Cool, das klingt spannend“. Ich hatte auch das Gefühl, Anna ist die erste, die versteht, worum es mir geht. Einfach weil sie auch eine Frau ist.

Und worum geht’s dir?

Sophie: Die größte Personengruppe, die am längsten unterdrückt wurde und immer noch wird, hat eine Vulva. Als Sozialarbeiterin habe ich Gewalt an Frauen hautnah miterlebt. Schlüsselerlebnis war aber das Gespräch mit einer Freundin, die mir erzählt hatte, dass sie ihre beiden Chefs von einem Projekt abziehen wollten, weil sie eine Vulva hat. Sie hat diese Männer unglaublich gut gegen die Wand argumentiert. Und mir ist damals rausgerutscht: „Du hast einfach die Muschikraft!“

Muschikraft war in der Welt.

Sophie: Genau, das Wort hat nicht nicht mehr losgelassen und ich wollte unbedingt etwas damit machen. Mir ist damals aufgefallen, dass Sprayer in ganz Wien Penis-Tags verbreitet haben. Als Künstlerin beschäftige ich mich auch viel mit der Frage, wem der öffentliche Raum gehört. Also habe ich Vulva-Sticker designed und überall hingeklebt. Und es gab sofort so viel Resonanz, dass ich die Sticker über Österreich hinaus verschickt und den Erlös an Frauenhäuser gespendet habe. 

Und wie kam’s zum Bier?

Sophie: Wegen des nahe liegenden Wortspiels mit Muschi Craft hab ich mir irgendwann gedacht, „Oida wie geil wäre Muschikraft als Bier“. Ich habe Dollarzeichen gesehen (lacht).

„Selbst wenn die größten Nazis Muschicraft trinken, machen sie letztlich was Gutes.“

Und da kam Schalken ins Spiel. Ihr seid als einzige Brauerei sofort auf Muschicraft angesprungen. Warum?

Anna: Weil wir und besonders ich für solche Ideen offen sind. Als Frau hat man es in einer männlich dominierten Brauerei-Szene schwer und fühlt sich mitunter auch sehr einsam. Struktureller Sexismus begegnet dir aber überall und es geht schon auch ein bissel darum, das Patriarchat zu stürzen. Viele haben uns am Anfang erbost gefragt, was das soll oder haben böse Mails geschrieben. Meine Antwort war: „Du redest darüber, also haben wir offenbar einen Nerv getroffen.“

Sophie: Das ist ja das Tolle an Muschicraft, dass du mit dem Bier in eine reine Männerdomäne einfällst. Beim ersten gemeinsamen Verkauf kamen vor allem Männer über 60. Viele zeigten nur auf die Flaschen und sagten: „Ich will das Bier hier.“ Und wir so: „Naja, bei uns kriegt man das Bier nur, wenn man den Namen auch aussprechen kann.“ Das haben sie dann gemacht.

Anna: Einigen ist das richtig schwer gefallen (lacht). Die wollten am Stammtisch was zum Erzählen haben. Mittlerweile hat sich das eingependelt und die Zielgruppe ist breiter geworden. Wir haben als Basis für Muschicraft unser Ottakring Pale Ale oder OPA genommen und variiert – es kommt sehr gut an und vielen geht es einfach auch um den Inhalt.

Aber denkt man in Stammtisch-Runden jetzt feministischer? 

Sophie: Die Leute reden darüber. Und es geht uns schon auch darum, das Thema raus aus der Blase und dorthin zu bringen, wo es noch nicht ist.  Was die KundInnen dann damit machen, liegt nicht mehr in meiner Hand. Der schöne und unkaputtbare Teil an diesem Bier sind die 10 Cent pro Flasche, die an Frauenhäuser gehen. Selbst wenn die größten Nazis Muschicraft trinken, machen sie letztlich was Gutes.

Braucht es die Vulva, um auf Feminismus aufmerksam zu machen?

Sophie: Wenn da keine Muschi am Etikett wäre und das Bier einfach Frauen-Bier oder auch Vulva-Bier heißen würde – die Botschaft würde untergehen.  Die Vulva ist eine Provokation und auch heikel, weil viele unterdrückte Personen keine Vulva haben. Wenn ich von Feminismus spreche, meine ich deshalb immer intersektionellen Feminismus. Im Kampf für alle Personen, die von Unterdrückung betroffen sind, verwende ich die Vulva als Befreiungssymbol.

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