Schlagwort: Vegan(friendly)

„Ohne Muschi am Etikett würde die Botschaft untergehen“

Zunächst war da ein Wort, dass der Sozialarbeiterin und Künstlerin Sophie Tschannett nicht mehr aus dem Kopf ging: Muschikraft. Es folgten Vulva-Abziehbilder, die Sophie selbst designte. Dann kam die Idee mit dem Bier. Und Sophie fand Anna Haider. Anna ist Miteigentümerin der BRAUMANUFAKTUR SCHALKEN und war rasch überzeugt.

Seit März 2022 braut Schalken MUSCHICRAFT. Ein fruchtiges Pale Ale mit einer dezent herben Note. 10 Cent pro Flasche gehen an Frauenhäuser. Sophie will aber gegen jede Form von Diskriminierung aufzeigen. Braucht es dafür die Vulva im Logo? „Ja“, meint Sophie.

Wie bist du auf Muschicraft gekommen?

Sophie: Ich komme aus dem Sozialbereich und habe mit Bierbrauen gar nichts am Hut. Mir war klar, ich brauche jemanden, der das für mich macht. Und Anna war die Erste, die gesagt hat, „Cool, das klingt spannend“. Ich hatte auch das Gefühl, Anna ist die erste, die versteht, worum es mir geht. Einfach weil sie auch eine Frau ist.

Und worum geht’s dir?

Sophie: Die größte Personengruppe, die am längsten unterdrückt wurde und immer noch wird, hat eine Vulva. Als Sozialarbeiterin habe ich Gewalt an Frauen hautnah miterlebt. Schlüsselerlebnis war aber das Gespräch mit einer Freundin, die mir erzählt hatte, dass sie ihre beiden Chefs von einem Projekt abziehen wollten, weil sie eine Vulva hat. Sie hat diese Männer unglaublich gut gegen die Wand argumentiert. Und mir ist damals rausgerutscht: „Du hast einfach die Muschikraft!“

Muschikraft war in der Welt.

Sophie: Genau, das Wort hat nicht nicht mehr losgelassen und ich wollte unbedingt etwas damit machen. Mir ist damals aufgefallen, dass Sprayer in ganz Wien Penis-Tags verbreitet haben. Als Künstlerin beschäftige ich mich auch viel mit der Frage, wem der öffentliche Raum gehört. Also habe ich Vulva-Sticker designed und überall hingeklebt. Und es gab sofort so viel Resonanz, dass ich die Sticker über Österreich hinaus verschickt und den Erlös an Frauenhäuser gespendet habe. 

Und wie kam’s zum Bier?

Sophie: Wegen des nahe liegenden Wortspiels mit Muschi Craft hab ich mir irgendwann gedacht, „Oida wie geil wäre Muschikraft als Bier“. Ich habe Dollarzeichen gesehen (lacht).

„Selbst wenn die größten Nazis Muschicraft trinken, machen sie letztlich was Gutes.“

Und da kam Schalken ins Spiel. Ihr seid als einzige Brauerei sofort auf Muschicraft angesprungen. Warum?

Anna: Weil wir und besonders ich für solche Ideen offen sind. Als Frau hat man es in einer männlich dominierten Brauerei-Szene schwer und fühlt sich mitunter auch sehr einsam. Struktureller Sexismus begegnet dir aber überall und es geht schon auch ein bissel darum, das Patriarchat zu stürzen. Viele haben uns am Anfang erbost gefragt, was das soll oder haben böse Mails geschrieben. Meine Antwort war: „Du redest darüber, also haben wir offenbar einen Nerv getroffen.“

Sophie: Das ist ja das Tolle an Muschicraft, dass du mit dem Bier in eine reine Männerdomäne einfällst. Beim ersten gemeinsamen Verkauf kamen vor allem Männer über 60. Viele zeigten nur auf die Flaschen und sagten: „Ich will das Bier hier.“ Und wir so: „Naja, bei uns kriegt man das Bier nur, wenn man den Namen auch aussprechen kann.“ Das haben sie dann gemacht.

Anna: Einigen ist das richtig schwer gefallen (lacht). Die wollten am Stammtisch was zum Erzählen haben. Mittlerweile hat sich das eingependelt und die Zielgruppe ist breiter geworden. Wir haben als Basis für Muschicraft unser Ottakring Pale Ale oder OPA genommen und variiert – es kommt sehr gut an und vielen geht es einfach auch um den Inhalt.

Aber denkt man in Stammtisch-Runden jetzt feministischer? 

Sophie: Die Leute reden darüber. Und es geht uns schon auch darum, das Thema raus aus der Blase und dorthin zu bringen, wo es noch nicht ist.  Was die KundInnen dann damit machen, liegt nicht mehr in meiner Hand. Der schöne und unkaputtbare Teil an diesem Bier sind die 10 Cent pro Flasche, die an Frauenhäuser gehen. Selbst wenn die größten Nazis Muschicraft trinken, machen sie letztlich was Gutes.

Braucht es die Vulva, um auf Feminismus aufmerksam zu machen?

Sophie: Wenn da keine Muschi am Etikett wäre und das Bier einfach Frauen-Bier oder auch Vulva-Bier heißen würde – die Botschaft würde untergehen.  Die Vulva ist eine Provokation und auch heikel, weil viele unterdrückte Personen keine Vulva haben. Wenn ich von Feminismus spreche, meine ich deshalb immer intersektionellen Feminismus. Im Kampf für alle Personen, die von Unterdrückung betroffen sind, verwende ich die Vulva als Befreiungssymbol.

Oase für Herz und Bauch

Ashru und Chintamani (Bild) führen das MY SECRET GARDEN. Die beiden haben auch bürgerliche Namen. Ihre spirituellen hat ihnen Sri Chinmoy verliehen, dessen SchülerInnen sie sind. Innerer Einklang, Klarheit im Handeln und Tun, Respekt und Demut – darum geht es in aller Kürze.

Und das vermitteln sie auch ihren Gästen. Mit vorwiegend veganer und glutenfreier Küche. Mit einer Schanigarten-Oase inmitten von Trubel. Und ja, auch mit Spiritualität. Ergebnis: hoher Wohlfühlfaktor für Herz und Bauch. Das anerkennen auch Gastro-Kritiken von Falter bis Falstaff. Ganz nüchtern.

… den Garten: Wir haben einen großen Garten und der wirklich sehr schön, mit Blumen und viel Grün. Unsere Gäste nennen ihn manchmal Oase. Also man kommt von der Mariahilfer Straße rein, von der belebten Einkaufsstraße. Und taucht ein in diese Welt der Ruhe, dazu trägt auch der Raimundhof bei, der ist wirklich sehr, sehr schnuckelig. Es ist ruhig, und trotzdem im Geschehen. 

… die Meditation: Wir haben einen kleinen Meditationsraum und versuchen vor jeder Schicht zu meditieren. Meditation ist etwas, das man fühlt. Und wir wollen mit unseren Restaurants unseren Gärten dieses Gefühl auch vermitteln: mit der Musik, mit den Speisen. Dass sie diese innere Ruhe auch spüren. Wir bieten das auch MitarbeiterInnen an, aber wir wollen sicher niemanden „bekehren“.

… die Botschaft des Essens: Es eine Philosophie dahinter und der Gast schmeckt das auch. Es geht darum, dass wir beim Kochen oder beim Servieren mit uns selbst im Reinen sind. Dass ich ein gutes Instrument bin, dass das Essen gut schmeckt und gut bekommt. Man kann über Essen sehr unmittelbar viel transportieren. Jeder will und muss essen, wenn man die Bewirtung bewusst und mit Verantwortung macht, hat man bereits einen Dienst erwiesen. 

… die Küche: Wir bieten täglich ein Curry an, glutenfrei und vegan. Die Currys sind sehr beliebt, in der Zwischenzeit haben wir 30 oder 40 verschiedene Currys, zum Beispiel auch ein thailändisches oder ein karibisches Curry. Unser zweites Gericht kann eine Bowl sein oder Lasagne, Moussaka, Penne al forno …  Jeder unserer drei Köche kocht für zwei Tage, alleine deshalb ist die Küche abwechslungsreich.

80 Prozent unserer Gerichte sind vegan, die restlichen sind vegetarisch. Die allermeisten Gerichte sind glutenfrei. Auch unsere Kuchen, die wir alle selber backen, sind bis auf einen alle glutenfrei. Das nehmen unsere Gäste auch sehr gerne an.

… das Klima: Wir haben ein sehr familiäres Klima hier, wir tauschen uns aus, wir bringen uns ein, es gibt Bonusse. Wir haben auch währen der Corona-Krise alle MitarbeiterInnen behalten, obwohl das trotz aller Unterstützungen ein großer Verlust war.

… einen Traum: Ich bin Golfspieler und wollte mentales Training für Profi-Golfer anbieten. Vor fünf Jahren, Vorher Manager in einer Handelsfirma. Dann bin ich dort weg, wollte ein Buch dazu schreiben. An dem Tag habe ich von Sri Chinmoy geträumt und wie ich aufgewacht bin, war mir völlig klar, ich mache ein Restaurant. Und so ist das entstanden.

… böses Erwachen? (Ashru:) Es ist viel Arbeit, aber ich habe noch immer viele Freude dabei. Das ist jetzt mein Platz hier und mein Leben. (Chintamani:) Ich bin eigentlich Archäologin. Früher, im Elfenbeinturm der Wissenschaft, konnte ich mich in der Bibliothek vergraben. Jetzt ist der Kontakt mit Menschen viel intensiver. Das ist fordernd, aber auch sehr erfüllend.

Ton, Steine, Tee

Tee also. Aber: kein 0815 Earl Grey oder ordinärer English Breakfast. Sondern das richtig gute Zeug aus dem RAMI TEA: Aromen, die du noch nie geschmeckt hast. Ganzheitliche Energie, die du so noch nie gespürt hast.

Durch ihre Keramik-Workshops sind Kate, Anouk (Bild li., re.,) und Teresa zum Tee gekommen. Und weil alle drei Internationales Menschenrecht in Wien studiert haben, sind ihre Tees natürlich auch fair und nachhaltig produziert.

Jeder Besuch ist ein Erlebnis. Und seien wir uns ehrlich – Single Origin Arabica Kaffeeröstungen werden eh langsam fad;)

Kate und Anouk über…

… Ton und Tee: Es ist lustig, weil die meisten Leute von der Geschmacksseite zum Tee kommen und wir ursprünglich von der Keramikseite.

Wir hatten und haben Tee-LiebhaberInnen in unseren Keramik-Kursen. Sie kamen um zu lernen, wie man Teekannen herstellt, und sie brachten Tee mit. Wir probierten einige Tees, die wir noch nie zuvor probiert hatten, und es war wie eine Offenbarung. Uns wurde klar, dass es da eine ganze Welt gab, von der wir keine Ahnung hatten. 

… fantastische Tees: Es gibt fantastische Tees. Von einem intensiven Honig-Schwarztee, der dich abends beruhigt – ähnlich einem dunklen Oolong –, bis hin zu einem grünen Genmaicha mit geröstetem Reis, der energetisierend wirkt und dich morgens aufweckt und auf den Tag vorbereitet. Und alles dazwischen.

… the art of sipping: Wichtig ist auch die Art des Trinkens. Wir trinken Tee aus kleinen Kannen, wir gießen mehrmals auf und lassen ihn nur kurz ziehen. Das ist eine sehr gemütliche Form des Zusammenseins. Und damit wären wir wieder bei der Keramik, denn die Herstellung hat auch mit Entschleunigung und sich Zeit für sich selbst nehmen zu tun.

… Tee und echten Tee: Wir haben auch Kräutertees, die fantastisch schmecken. Unser Hauptaugenmerk liegt jedoch auf dem sogenannten echten Tee von der Tee-Pflanze Camellia sinensis. Von ihr kommen alle Grün- und Schwarztee-Sorten oder auch weißer Tee, das hängt nämlich grundsätzlich vom Grad der Fermentation ab. Diese Tees können wie gesagt auch entspannend und beruhigend wirken. Und sie können einen Blumenstrauß an Aromen entfalten, was wiederum von von vielen Faktoren abhängt.

… mehrfach guten Tee: Wir haben Tees aus allen Ländern, die guten Tee machen. Wir haben also Tees aus Japan, aus Georgien, Taiwan, China, und und und. Wir achten sehr darauf, dass unsere Tees nachhaltig und sozial produziert werden. Wir haben zum Beispiel Tees aus Sri Lanka frisch im Sortiment. Sie kommen von einer Teeplantagen-Kooperative, die nachhaltig produziert und mit Einheimischen zusammenarbeitet, die am Gewinn beteiligt sind. Und ihre Tees sind auch fantastisch.

… Tee-Liebe: Unsere Hauptzielgruppe sind Menschen, die noch nie richtig guten Tee probiert haben. Wenn sie zu uns ins Lokal kommen, sind sie herzlich eingeladen, jede Frage zu stellen und jeden Tee zu probieren. Wenn sie sich Zeit nehmen, werden sie neue Aromen und Wirkungen erleben. Und wir sind sehr zuversichtlich, dass jeder einen Tee finden wird, den er liebt.

Vegan ums Eck denken

Es begann in Wels. Dort startet Laura Theuretzbacher im Lokal einer Bekannten ein veganes Lunch-Pop up – und eröffnet kurz darauf mit ihrer Partnerin Ines Wozniek die VEGAN WIRTIN. Das Lokal gibt es immer noch, aber jetzt ist mal Wien dran. Im Fania am Yppenplatz macht Laura derzeit jeden Sonntag ein veganes Brunch-Pop up. Das Ziel ist – richtig! – ein eigenes Lunch-Lokal in Wien: mit „ehrlicher, bodenständiger und kreativer Wirtshauskultur“. 

Laura über…

… sich: Ich habe immer schon gerne gebacken und gekocht, aber zunächst im Marketing gearbeitet. 2020 kam dann im Lockdown die Idee auf, bei einer Bekannten in Wels in ihrer sehr netten Bar Extrazimmer einen veganen Lunch to go anzubieten. Das ist sehr gut angekommen. Als die Bar dann wieder aufgemacht hat, haben Ines und ich in Wels die Vegan Wirtin gegründet.

… die Kreationen: Ich mach alles selbst, alles handgemacht, und kaufe ganz wenige Produkte zu. Ich will eine gute, bodenständige und ehrliche Küche bieten, die kreativ sein kann – moderne Wirtshauskultur eben. Ich liebe es, kreativ zu sein.

Manchmal schießt mir etwas durch den Kopf, das ich gerne ausprobieren möchte. Oder mir kommt ein neues Produkt unter und ich versuche es weiter zu entwickeln, zum Beispiel meinen Karotten-Lax auf Krenhaube in Blätterteig oder Datteln im „Nicht-Speck“ Mantel.

… darum vegan: Für mich hat die vegane Küche einen gesundheitlichen und einen Umwelt-Aspekt. Aber vor allem taugt mir, dass du kreativ sein musst. Die vegane Küche fordert dich und du musst oft ums Eck denken.

… Ziel-Vorgaben: Ich habe jetzt ein Brunch-Konzept und passe es saisonal an. Daneben biete ich vegane Kochkurse an, das kann ich alles alleine stemmen. Sobald ich in Wien einen Standort habe, möchte ich wie in Wels auch in Wien wieder einen Mittagstisch anbieten.

Ein Lunch muss für mich befriedigend satt machen, aber ohne Food Koma im Anschluss. Das ist generell der Anspruch an meine Küche: Das Essen muss mich nachhaltig zufrieden und vital machen.

Schwein gehabt

Sarah Hein ist in Heurigen-Küchen aufgewachsen und hat jahrelang mit Schweinsbraten, Grillhendel & Co. hantiert. Bis sie von heute auf morgen vegan wurde. Jetzt kredenzt Sarah in ihrem Lokal SCHLICHT VEGAN, was die saisonale Gemüseküche gerade hergibt. Die Karte ist klein, die Speisen sind fein. Und viele OttakringerInnen freuen sich über eine neue Oase in der veganen Halbwüste.

Sarah Hein über…

… sich: Meine Mama hat in Perchtoldsdorf nebenberuflich kellneriert, vor allem in Heurigen. Und ich war schon als Kind dabei und habe mitgeholfen. Später habe ich neben der Schule beim Heurigen gearbeitet. Nach einem kurzen Zwischenstopp am Juridicum habe ich dann beschlossen, hauptberuflich in die Gastro zu gehen. Zu Hause war das ein Skandal, weil: In die Gastro geht man nur, wenn man muss. 

… die Liebe zur Gastro: Du weißt nie, mit welchen Menschen du es zu tun hast. Manche sind arrogant, andere freundlich, du lernst viel über Menschen. Und du lernst mit Stress umzugehen und wie Abläufe funktionieren. Die Gastro ist sicher einer der härtesten Jobs. Du musst immer freundlich sein nach außen, du musst ständig präsent sein. Du kannst nicht einfach Pause machen, wenn du möchtest. Aber ich liebe diese Herausforderungen.

… deshalb 4-Tage-Woche: Vier Tage arbeiten wir unter Hochdruck und schauen, dass die Bude voll ist. Drei Tage haben wir Erholungsphase. Und die brauchen wir auch.

… die Küche: Wir kochen mit dem, was wir saisonal zur Verfügung haben. Jetzt im Winter haben wir Karotten, Kohl, Kraut, Äpfel, Nüsse, Zwiebel, Knoblauch, rote Rüben. Diese Komponenten nehme ich her und überlege, was gut zusammenpasst. Einiges habe ich vom Heurigen mitgenommen, zum Beispiel die Nuss-Palatschinke mit Wein-Sauce. Beim Heurigen gab es die mit Weinchadeau – bei uns gibt es die vegane Variante.

… von jetzt auf gleich vegan: Für mich ist vegan mittlerweile eine Lebensphilosophie. Ausschlaggebend war damals ein Film. Ich habe jetzt noch das Tierleid vor Augen. Es ging auch darum, wie viele tierische Produkte in Kosmetika oder Putzmitteln stecken. Das habe ich einfach nicht gewusst. Ich frage mich heute noch, warum ich das nie wahrgenommen habe. Und so habe ich eines Nachmittags mein Leben geändert. Von heute auf morgen. 

 

Mission und Ziel

Manuel Bornbaum und Florian Hofer sind Pioniere der Stadtlandwirtschaft – jedenfalls in Wien. 2015 gründen der Agrarwissenschaftler und der Maschinenbauingenieur HUT & STIEL. Sie züchten Austernseitlinge auf Kaffeesatz, zunächst in einem Keller im 9. Bezirk. 2018 ziehen sie in die Lobau um, seit 2021 sind sie Bio-zertifiziert. Manuel und Florian geht es aber nicht nur um Pilze: ökosoziale Verantwortung heißt die Mission, der Wandel ist das Ziel. 

Manuel über…

… die Anfänge: Hut & Stiel haben mein guter Freund Florian Hofer (Maschinenbauingenieur) und ich zusammen 2015 gegründet. In einem Uniseminar haben wir die Möglichkeiten der Pilzzucht kennen gelernt. Es folgte ein Praktikum in Rotterdam und die Idee, eine Pilzzucht mitten in Wien aufzubauen. Flo stellte eher den Stiel und ich eher Hut des Startups dar. So kam es zu dem Namen. Wir begannen in einem Keller im 9. Bezirk Austernseitlinge zu züchten. Mit dem Lastenrad sammelten wir Kaffeesatz von der umliegenden Gastronomie und PensionistInnenhäusern ein, züchteten auf dessen Basis frische Pilze und lieferten diese wieder im dem Lastenfahrrad aus.

… das Wachstum: Inzwischen ist Hut & Stiel gewachsen und umgezogen. Seit 2018 produzieren wir nun in der wunderschönen Lobau auf der Kleinen Stadtfarm. Hier konnten wir unsere Räume selbst passend umgestalten. Zudem haben wir einen zweiten Standort in Klosterneuburg. Dort steht uns ein Weinkeller zur Verfügung.

… kurze Wege: Wir züchten Bio-Austernseitlinge in Wien, weil wir Lebensmittel dort produzieren wollen, wo die Lebensmittel gebraucht werden. Pilze eignen sich insbesondere für Stadtlandwirtschaft, da sie dunkle feuchte Räume brauchen. Man kann also leerstehende Flächen in der Stadt effektiv nutzen, um Lebensmittel in der Stadt für die Stadt zu produzieren. Wir vermeiden dabei lange Transportwege, was der Umwelt als auch der Frische der Pilze zu Gute kommt.

… die Produkte: Wir produzieren frische, regionale Austernseitlinge. Zurzeit planen wir auch weitere Pilze, wie Kräuterseitlinge oder Shiitake, in das Sortiment aufzunehmen. Um weitere Lebensmittelverschwendung zu vermeiden, lassen wir unsere Pilze, die wir nicht verkaufen konnten, weiterverarbeiten. Aus ihnen entstehen vegane Produkte wie Aufstrich, Pesto, Sugo, Gulasch und Würstel. Diese sind in einigen Supermärkten, Foodcoops und in unserem Webshop zu finden. Zudem freuen wir uns, dass inzwischen schon einige Würstelstände unsere veganen Würstel erfolgreich anbieten.

Zudem bieten wir ein DIY Pilzzucht Set für Zuhause an. Hierbei können Pilzbegeisterte auf ihrem eigenen Kaffeesatz versuchen, Austernseitlinge zu ziehen.

… Nachhaltigkeit: Der Kaffee hat einen weiten Weg hinter sich, wenn er bei uns in der Kaffeetasse landet. Für uns resultiert hieraus eine Verantwortung den Kaffeesud weiter zu nutzten. Wir nutzen dieses scheinbare Abfallprodukt als Ressource und vermeiden lange Lieferwege. Auslieferungen finden mit einem Elektroauto statt. Unsere Frischpilze und Pilzprodukte sind nicht nur vegan, sondern seit 2021 auch Bio. Hut & Stiel möchte somit ein Beispiel für Kreislaufwirtschaft und die Stadtlandwirtschaft sein. Und bei der Auswahl unserer Standorte achten wir auf die Wiederbenutzung von bereits vorhandenen Flächen.

… die ökosoziale Mission: Wir bieten Menschen mit unterschiedlichsten Bedürfnissen einen Ort zum Arbeiten und die Möglichkeit, sich mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten einzubringen. Zur Nachhaltigkeit unserer ökosozialen Mission gehört auch, dass wir uns als Lernort verstehen. Wir wollen Menschen für die Pilzzucht und ihr bioökonomisches Potenzial begeistern. Aus diesem Grund bieten wir nicht nur Pilzzuchtsets für Zuhause an, sondern Führungen, Workshops und Seminare an. Zur ökosozialen Mission gehört für uns unser Wissen zu teilen und auch Lernort und Inspiration zu sein.

… die Vision: Lebensmittel und Landwirtschaft sind extrem interessante Bereiche der Gesellschaft. Unser Ziel ist es mehr Menschen von dem Konzept Stadtlandwirtschaft und Kreislaufwirtschaft sowie von Pilzen als attraktiver vielseitiger Fleischersatz zu überzeugen. Wir hinterfragen das konventionelle System der Ernährungsindustrie und möchten hier einen Wandel auf wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene mit vorantreiben. Ein Umdenken im Fleischkonsum, Bewusstsein für regionale und nachhaltige Lebensmittelproduktion und Kreisläufe sind das Ziel unser Ökosozialen Mission.

Kurz und knackig

Lukas, Stephan und Florian haben im Sommer 2021 die SPEIS am Lendhafen eröffnet. Selten sitzt man in 8020 so schön wie dort im Gastgarten. Auf der einen Seite Mariahilfer Kirche, auf der anderen Seite der Schlossberg und die Mur. Das Konzept des jungen Teams ist so simpel wie radikal: frisch, regional, nachhaltig.

Lukas, Stephan und Florian im Word Rap:

Was hat euch dazu bewogen, ein Lokal zu eröffnen zu entwickeln?

Der Wunsch nach aufregendem Essen auswärts mit Rohprodukten auf höchstem Niveau. 

Was zeichnet eure Produkte im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Einmaligkeit aus?

Wir kaufen über 90 Prozent unserer Produkte direkt bei ProduzentInnen ein und beziehen alle Produkte aus einem Umkreis von 50 Kilometer.

War/ist es kompliziert, deine Produkte (weiter) zu entwickeln/zu vertreiben?

Jedes neue Projekt kommt mit seinen Schwierigkeiten, wir finden es ist den Aufwand wert!

Was liebst du daran, Gastgeber zu sein?

Wir lieben es, glückliche Gesichter zu sehen und die Freude der Gäste, wenn wir bis ins Details über unsere Produkte erzählen dürfen.

 

 

Stadt. Land. Kind.

Das LANDKIND ist eine sympathische Mischung aus Restaurant und kleinem Laden. Die Küche ist kreativ und raffiniert und verwandelt die saisonalen und regionalen Zutaten in Frühstück, Mittagsmenü und feine Abendkarte. Wildkräuter, Pilze oder Beeren aus eigener Wildsammlung runden das Angebot ab. Doch Benedikt, Nina und Stefan wollten von Anfang an mehr sein als „nur“ ein Stand am Schwendermarkt – nämlich Drehscheibe für den Markt und das Grätzl. Das ist gelungen.

Nina über…

… den Schwendermarkt: Wir waren Pioniere am Markt. Als wir den Stand übernommen haben, hat es geheißen, am Samstag brauchst gar nicht aufsperren. Wir haben samstags Frühstück angeboten und das war vom Start weg der stärkste Tag der Woche. Die Leute in der Gegend haben nur darauf gewartet, dass was passiert. Wir haben viel Unterstützung erfahren, eben weil der Markt so klein ist.

Unverschwendet sind gleichzeitig mit uns hergekommen, die Weinviertlerie ein Jahr später. Viennas Vietnam ist schon deutlich länger da als wir. Seit ein paar Jahren sind wir eine kleine, stabile Markt-Gemeinschaft.

… Feste feiern: Das heißt aber auch, dass man was bieten muss. Wir haben angefangen, Feste zu veranstalten und für einige Tage im Jahr einen größeren Markt zu machen, wo wir ProduzentInnen wie Bio-Balkan und unsere Bauern herholen. Die Leute können dann sehen, wie der Markt sein kann, wenn er richtig belebt ist.

… Mitgestalten: Wir wollen ProduzentInnen eine Plattform für ihre Produkte bieten und den Menschen im Grätzl den Zugang zu deren Produkten ermöglichen. Für mich ist es ein politisches Thema. Viele kleine Produzentinnen beliefern uns direkt mit ihren Köstlichkeiten. Für sie sind wir ein wichtiger Partner. Und es gibt viele Leute, die deshalb Zugang zu diesen Bauern haben, weil es diesen Ort hier gibt. Wir wollen aber auch den Markt und das Grätzl mitgestalten und engagieren uns zum Beispiel für eine Fußgängerzone am Markt.

… buntes Grätzl: Das Schwender-Grätzl hat einen stark dörflichen Charakter. Man kennt und grüßt sich auf der Straße, am Markt lernen sich die Leute niederschwellig kennen. Es ist ein junges Grätzl mit hohem Migrationsanteil. Die Durchmischung ist hier größer als anderswo. Keine Gruppe dominiert, es ist ein buntes, vielfältiges Grätzl. Das sieht man auch an der Kulinarik – vom Balkan bis Eritrea. Und es ist ein sehr kreatives Grätzl, mit Ateliers und kleinen Galerien. Natürlich haben wir auch Gentrifizierung. Aber die Erdgeschosslokale bleiben mehr oder weniger gleich. Der 7. Bezirk wird hier nicht plötzlich ausbrechen.

… Land findet Stadt: Ein bisserl sind wir Schnittstelle zwischen Stadt und Land. Unsere Waren und Zutaten kommen vom Land. In unserer Küche treffen dann Rezepte von der Oma auf urbane und auch internationale Kocheinflüsse. Wir gehen auch viel in den Wald und auf die Wiese: Schwammerl suchen, Kräuter sammeln, Zirbenzapfen, oder auch bei der Tante Feigen ernten. Das kommt dann in unsere Speisen oder wir kochen ein, legen ein und fermentieren. Neulich haben wir aus Fichtenzweigen Sirup gemacht. Wir experimentieren gerne mit Dingen aus der Natur.

… un-hipp schick: Im 6. oder 7. hast du einen bestimmten Typ an Gästen pro Lokal. Im 15. hast du nicht so viele hippe Leute. Als Lokal müssen wir für verschiedene Typen ausgerichtet sein. Zu uns kommen alle – von der MindestpensionistIn bis zum Bobo. Diese Vielfalt macht den Schwendermarkt so spannend.

Srilankindisch

Die Grazer Kulinarik muss bei der internationalen Küche nicht zurückstecken. Manifester Beleg ist das CEYLON CURRY. Die Liebe zur ayurvedischen Küche ihrer Heimat Sri Lanka haben Mayoori Piratheepan veranlasst, seinen IT-Job in Wien an den Nagel zu hängen und gemeinsam mit seiner Familie die Landeshauptstadt mit Dosas und Gewürzwelten zu verzaubern. 

Mayoori über … 

… sich: Mein Onkel betreibt schon seit über 30 Jahren ein bekanntes Lokal in Wien, das die traditionelle Küche aus Sri Lanka in Österreich eingeführt hat. Als ich noch in Wien gelebt habe, war ich bei einer Telekom Firma im Bereich Operations & Marketing angestellt.

… den Onkel: Es war mein Onkel, der mich dann motivierte, die Gelegenheit in Graz zu nutzen und gemeinsam mit meiner Frau das erste Restaurant mit Ceylon-Küche zu eröffnen. Wir sind also 2018 nach Graz und haben unser Leben und unser Restaurant hier im Lendviertel aufgebaut.

… vegan & Dosas: Unsere Küche ist traditionell immer schon vegetarisch bzw. vegan und daher nachhaltiger als andere. Die Ceylon-Küche ist der südindischen sehr ähnlich. Besonders beliebt sind da zum Beispiel die Dosas, gefüllte knusprige Fladen aus fermentiertem Reis- und Linsenmehl. Die gibt es sonst nirgendwo in Graz.

… Ayurveda: Unsere Speisen werden nach ayurvedischen Prinzipien (Ayurveda = traditionelle, Jahrtausende alte indische Medizin, Anm.) zubereitet. Dabei spielen Gewürze selbstverständlich eine ganz wichtige Rolle.

… den BeWirt*-Faktor: In unserer Kultur ist uns der Gast heilig. Wir wollen, dass unsere Gäste eine gute Zeit bei uns verbringen und besondere kulinarische Grüße aus unserer Heimat genießen.

Wie die Schwammerln

Vor einigen Jahren entdeckt das Leopoldstädter Brüderpaar Martin und Otto Kammerlander ein altes Kellergewölbe. Kurz darauf bauen die PILZBRÜDER als Nebenerwerbsbauern auf 200 Quadratmetern die ersten Shiitake-Pilze, Austern- und Kräuterseitlinge in TOP-Qualität an. Ihre Bio-Pilze aus der Praterstraße verbreiten sich bald über die kulinarischen Grenzen des 2. Bezirks hinaus in der ganzen Stadt.  Und das Netzwerk an Pilz-Fans und-FanatikerInnen wächst. Und wächst. Und wächst.

Otto und Martin über …

… den Keller: Es hat mit dem Keller begonnen. Vor 30 Jahren war hier ein Lager für Leder. In der Gegend wurde ja früher der Leder verarbeitet und verkauft.. Feinste Häute sind hier angeblich gelegen, aber irgendwann wurde der Laden darüber geschlossen. Danach war der Keller unvermietbar, wegen der Feuchtigkeit. Als wir das erste Mal reingekommen sind, hatte es im Raum 75% Luftfeuchtigkeit.

… die Anfänge: Damals haben wir uns über Umwege mit Pilzen beschäftigt und mal ausprobiert, ob sie hier wachsen oder nicht. Wir haben dann zunächst die Lokale um die Ecke gefragt, ob sie das grundsätzlich interessieren würde. Und sie fanden die Idee super. So ist das Ganze gewachsen.

… Substrat & Myzel: Seit 2018 züchten wir vorallem Shiitake und Kräuterseitlinge und ein paar Exoten, wie den seltenen Pom-Pom oder Igelstachelbart. Die Pilze wachsen bei uns auf Substrat aus zerkleinertem Holz und Nährstoffen. Zunächst wächst das Myzel, also das unterirdische Zellgeflecht. Wenn es stark genug ist, bildet es den Fruchtkörper aus. 

… den Eiertanz: Mittlerweile haben wir den Prozess zu 85 Prozent unter Kontrolle. Schief gehen kann immer etwas. Zwischendurch ist es vielleicht einmal 2 Grad zu warm. Oder der Pilz erhält im entscheidenden Moment zu wenig Sauerstoff oder Feuchtigkeit. Wenn die Luft zu trocken ist, können Pilze beim Wachsen auch zerreissen. Es ist schon ein Eiertanz.

… schmackhaft frische Pilze: Du kannst den Pilz schnell anbraten. Er schmeckt aber auch phantastisch, wenn er 24 Stunden bei 60 Grad im Wasserbad Geschmack abgibt. Der Kräuterseitling ist ein herrlicher Pilz, als Fleischersatz, aber auch roh, in dünne Scheiben geschnitten und mit Zitrone beträufelt. Mit dem Austernseitling kann du eigentlich alles schmackhaft machen.  Der Igelstachelbart in Butter angebraten schmeckt wie Meeresfrüchte.

… Köstliches im Glas: Wir entwickeln auch eingelegte Pilze und Pilz-Aufstriche in Gläsern. Unsere HauptkundInnen sind Restaurants und wir erhalten immer wieder mal Abbestellungen. Am Anfang haben wir dann 10 Kilo Pilze selbst gegessen oder verteilt. Dann haben wir beschlossen, die Pilze zu verarbeiten. Die Rezepturen haben wir zusammen mit einem Koch entwickelt, der auch einkocht. Sie schmecken köstlich und sind ein zweites Standbein. Aber wir sind erst am Anfang.

… Wundermittel: Laut TCM ist der Shiitake blutdruckausgleichend, Protein- und Vitamin D-Lieferant. Unser Igelstachelbart unterstützt den Magen-Darm-Bereich und hilft gegen Demenz. Beide werden in der asiatischen Schulmedizin zB in der Krebstherapie begleitendeingesetzt.

… Netzwerke: Wir machen das, weil uns der Pilz schmeckt. Er ist gesund. Und wir bekommen ein Schulterklopfen, die Leute kommen wieder und freuen sich. Wir haben so ein lässiges Netzwerk an Küchenchefs und -chefinnen, HändlerInnen und Privatpersonen. 
Und wir sind supernachhaltig, weil superregional. 2020 haben wir ausgerechnet, dass wir in zwei Jahren bereits das ganze Happel-Stadion (50.000 Sitzplätze, Anmerkung) mit unseren Pilzen versorgt haben. Das ist schon was. Da haben sich einige etwas Gutes getan.

… und Verflechtungen: Der Pilz ist ein Netzwerker. Wir haben noch nie so leicht Kontakte geknüpft, wie das der Pilz für uns macht. Wir kommen in Projekte rein und lernen Leute kennen, wo sich völlig neue Welten auftun. Wir arbeiten zum Beispiel mit jemanden im Burgenland zusammen, der Pilze für Schmuckkäfer-Larven züchtet. Mit ihm tauchst du in die Welt der Schmuckkäfer-Liebhaber ein. Dann machst du eine Studie mit der Boku in Sachen Bienen. Oder es kommen Leute, die aus Kräuterseitlingen Fleisch- oder Fischersatz drucken wollen. Mit denen redest du dann über Struktur. Das Myzel verflechtet uns.

Widewide wie sie mir gefällt

Lisa Stier und Aren Sakata haben sich ihr persönliches Stück Japan nach Wien geholt – bunt, schrill und niedlich wie Anime-Comics und Cosplay-Verkleidungen. Das TOKYO BOOM sieht aus wie vom Regenbogen gestreift. Den Stil kann man mögen, muss aber nicht sein. Denn wohl fühlt man sich in jeden Fall. Auch wegen des Essens. Denn Noodle Dog und Katsu Bowl schmecken einmalig gut. Doch Lisa und Arens Welt kann noch mehr: Sie akzeptiert dich. Alt, jung, schräg, bieder? Hauptsache, du bist da!

Lisa über …

… sich und Aren: Aren und ich haben uns in Japan kennengelernt. Aren ist Wiener mit japanischen Wurzeln und hat sechs Jahre in Tokyo studiert. Ich war als Au Pair dort. Wir sind in Tokyo gute Freunde geworden und ich habe mich damals auch entschlossen, mein Geoinformatik-Studium in Wien zu beginnen. Japan hat uns aber nicht losgelassen und wir waren zwischendurch immer wieder dort.

Corona hat unseren Reisepläne dann durchkreuzt. Eines Tages hat Aren wieder einmal unfassbar gut japanisch gekocht. Wir saßen auf der Couch, die pure Langeweile, und ich habe gesagt: Lass uns doch ein Restaurant eröffnen. 

… den Boom-Faktor: Es sollte ein japanisches Lokal sein, und vegan. Wir wollten aber nicht der 500ste Ramen und Sushi Laden sein. Wir wollten unseren ganz persönlichen japanischen Alltag reinbringen. Und der ist bunt, poppig und durchgeknallt. In Japan heißt das Kawaii und ist eine eigene Kulturströmung. Kawaii steht für süß, kindlich, niedlich.

… die Baustelle: Wir haben uns auf Immobilienseiten herumgetrieben und irgendwann ist mir dieser alte Schuppen untergekommen. Es war eine Bruchbude. Wir haben einen Riesen-Kredit aufgenommen und vieles selber gemacht, auch die Tischplatten. Was wir nicht selber machen konnten, hat eine Firma gemacht. Die war allerdings so unerfahren wie wir. Ich musste die Bauleitung übernehmen, das war für mich – jung, weiblich, unerfahren – extrem hart. Da bist du mal zwei Tage weg und wenn du zurückkommst steht da eine Wand, die nicht hingehört. Bezahlen musst du trotzdem, mit Geld, das du nicht hast.

… Essen wie im Comic: Kulinarisch gehört bei Kawaii der Noodle Dog dazu, oder Yakisoba Pan, gebratene Nudeln in Brot. Ist bei uns ein wenig ungewöhnlich, dass man Kohlenhydrate in Kohlenhydrate steckt. Aber schmeckt super. Das Yakisoba Pan kennt man auch aus Anime. In Japan gibt es das Sandwich an jeder Ecke, in Wien eben noch nicht. Wir mögen aber auch traditionelles Gyudon, ebenfalls Streetfood. Die Beef Bowl ist bei uns vegan. Die Karte war anfangs klein und wächst ständig. Man kann gespannt auf mehr sein.

… Cosplay, Raves und Omas: Unsere Zielgruppe sind Cosplay-Fans, Anime-Fans, Japan-Fans. Wir machen Double D Feste, Drag and Dinner. Und Cosplay-Raves im Partykeller. Schräg, schrill und bunt eben. Wir haben aber auch SeniorInnen. Es kommt beispielsweise oft eine Oma, die deshalb gerne bei uns isst, weil sie hier in eine andere Welt eintauchen kann, sagt sie. Ich werde aber nie den Moment vergessen, als uns die erste Japanerin besucht hat, eine ältere Dame. Sie hat unseren Thunfisch gegessen und nicht bemerkt, dass er vegan ist. Ich war sehr nervös, aber er hat ihr geschmeckt, alles gut.

… Team und Familie: Es ist sauschwer, in einem Laden wie unserem nachhaltig zu sein. Bei uns heißt Nachhaltigkeit nicht nur recyceltes Plastik bei to go. Wir achten auch auf soziale Nachhaltigkeit: Wie gehen wir miteinander um? Wen stellen wir ein? Deswegen ist es auch so wichtig, dass wir Leute haben, die das mittragen. Wir haben ein tolles Team. Und Aren und ich verstehen uns unfassbar gut. Es fühlt sich wie Familie an. Und ist vielleicht auch ein bisschen so.

 

Schnitzelland in veganer Hand

Nach Jahrzehnten in der IT beschließt Hartmuth Beck kurzerhand, gemeinsam mit seiner Tochter ein Lokal aufzumachen. Vegan soll es sein, aber doch der gehobenen Alt-Wiener Wirtshaus-Tradition verpflichtet. Daraus wird schließlich das VELANI: traditionelle Wiener Küche, in vegan. Das freut nicht nur vegan lebende Übersee-Touristen mit Bock auf Schnitzel und Co., sondern auch viele Wienerinnen und Wiener  – speziell VeganerInnen und VegetarierInnen.

Hartmuth über …

… sich: Ich habe 30 Jahre Selbstständigkeit in der Energiewirtschaft und IT hinter mir. 2019 haben meine Tochter und ich uns überlegt, dass wir im veganen Umfeld tätig werden wollen. Anlass war damals ihre Ausbildung als vegane Ernährungsberaterin. Und Gastronomie hat mich schon immer interessiert. Ich hatte das Gefühl, dass der Service-Gedanke langsam verloren geht. Außerdem ich wollte zeigen, dass man vegane Küche auch anders machen kann – eben auf Basis der Wiener Küche.

… das Konzept: Ich habe ein Konzept entwickelt, dass vegane und traditionelle Wiener Küche miteinander verbindet. Dann habe ich die Zusammenarbeit mit Seigi Kröpfl gesucht (einziger veganer Haubenkoch in Österreich, Anm.) gesucht. Wir haben die Speisekarte entwickelt, das Team gesucht, die Infrastruktur aufgebaut und das Lokal renoviert. 

… Hausgemachtes: Ungefähr 90 Prozent unserer Gäste kommen wegen unserer Klassiker, also Gulasch, Schnitzel und Co. Aber speziell für unsere Stammgäste versuchen wir auch immer saisonale oder themenorientierte Spezialangebote zu machen. Mittlerweile machen wir vieles selbst, zum Beispiel unsere Schnitzel oder unsere vegane Leberknödelsuppe. Da haben wir viel Zeit und Knowhow investiert und du wirst sie sonst nirgendwo in Wien finden. 

… und Zugekauftes: Aber es gibt auch sensationelle Produkte von anderen ProduzentInnen. zum Beispiel der Revolachs oder die vegane Blutwurst vom Dormayer. Ganz neu auf der Karte ist unser Filet Mignon von einem slowenischen Betrieb. Wir haben es als Erste nach Wien geholt. Beim Filet passt alles, sogar die Fleischstruktur. Mit unseren Mitteln könnten wir das gar nicht so toll hinbekommen.

… Fleischersatz: Es gibt vegan lebende Menschen, die Fleischersatz-Produkte nicht mögen, das ist ist eine legitime Ansicht. Die Wiener Küche ist aber traditionell sehr fleischlastig, deshalb funktioniert bei uns sehr viel mit Fleischersatz. Es gibt Leute, die deshalb nicht zu uns kommen, weil wir eine hohe Fleischersatz-Komponente haben. Das ist auch ok. Aber ich denke, es hat Beides seine Berechtigung.

… und industrielle Produkte: Wenn du möchtest dass die vegane Schiene wächst, kommst du um die Industrialisierung nicht herum. Auch wenn du auch eine gewisse Standardisierung in deinen Produkten haben möchtest. Ich habe nur dann damit ein Problem, wenn die Produktion auf Kosten anderer geht – sei es, dass Menschen unter schlimmen Bedingungen arbeiten müssen, oder wenn Tiere oder generell die Umwelt schlecht behandelt werden. Aber dass man etwas industriell erzeugt, muss generell nichts Schlechtes sein.

 

© Gusto Guerilla. All rights reserved. 

Follow Us —
0
    0
    Warenkorb
    Dein Warenkorb ist leerZum Shop