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Autor: Stefan Knoll

Umami-Kick

Der Hip Hop hat Justin und Cheng zusammengebracht – im ORENO RAMEN wurden die Freunde zum perfekten Gastro-Gespann: Küchen-Chef Cheng kümmert sich ums leibliche Wohl, Inhaber Justin um alles andere. Beide achten sie auf die Augenhöhe bei Team und Gästen. Denn nur wenn sich alle wohlfühlen, kann Ramen-Suppe ihre Zauberkraft als Soulfood mit Umami-Kick entfalten. 

Cheng und Justin (re.) über …

… Ramen: (Justin): Ich habe chinesische Wurzeln und meine Frau ist aus Japan. Ich bin mit Nudelsuppe aufgewachsen und wir haben  irgendwann Ramen für uns entdeckt. Für mich war das eine weiter entwickelte Version, noch komplexer, mehr Umami. Ich habe lange in der Gastro gearbeitet, und als ich mein eigenes Lokal wollte, war klar, es wird ein Ramen-Lokal.

… Hip Hop (Cheng): Justin und ich kennen uns von Tanzen, also Hip Hop, House, solche Sachen. Ich habe später in London zeitgenössischen Tanz studiert. In die Gastro bin ich während einer Weltreise gerutscht und hängen geblieben. Tagsüber habe ich getanzt, abends gekocht. Dann hat mich Justin gebeten, ihm beim Aufbau vom Oreno Ramen zu helfen.

… das erste Jahr (Justin): Unser erstes Jahr war chaotisch. Der Koch ist bald wieder abgesprungen und Cheng ist als Küchenchef eingesprungen, er hat das Team gut aufgestellt und die Küche auf seinen Schultern getragen, wofür ich sehr dankbar bin.

… Soulfood mit Auftrag (Justin): Wie richtiger Ramen schmecken muss, ist schwer zu beschreiben. Es geht um den Umami-Kick, es muss dich von innen wärmen. Ramen ist Soulfood.
Cheng: Als Chinesen sind wir traditionell mit Essen stark verbunden. Mit dem Essen, das unsere Eltern uns kochen, wollen sie ihre Liebe für uns zeigen. Ich China fragt man auch nicht „Wie gehts?“, sondern „Hast du Hunger?“ Oder „Hast du schon gegessen?“ Als Antwort sagt man auch „Ich habe gegessen“ – mir geht es gut.

… soziale Nachhaltigkeit (Cheng): Ich habe manchmal den Eindruck, in der Gastro gehts bei Nachhaltigkeit oft ums Produkt und selten um die Menschen. Nachhaltige Produkte sind wichtig, aber das Menschliche eben auch. Wir versuchen hier, sehr auf soziale Nachhaltigkeit zu achten, das ist Justin auch sehr wichtig. 

… auf Augenhöhe (Justin): Ich bin mit allen hier auf Augenhöhe mit allen und springe überall ein, wo Not am Mann ist, auch bei der Abwasch. Ich zeige nicht gerne, dass ich der Besitzer bin und bin gerne im Hintergrund. Ich schau, dass die Atmosphäre hier passt und sich alle wohl fühlen. Dazu soll auch die Musik beitragen Was wir hier auflegen, ist wichtig, auch für die Arbeit. Und wenn das Team Spaß hat, merken das auch die Gäste.

 

Der Döner-Wirt

Mittags und Abends stehen sie Schlange bei UGI’S Döner am Karmelitermarkt, für Döner oder eine Falafeltasche. Nicht nur wegen der handverlesenen Zutaten: super Brot vom Prindl, dreierlei Saucen und viel Liebe. Bei Ugi rennt auch der Schmäh. Ugi und sein Team sind am Markt eine Institution – rasches Service, gute Laune und sehr viel Teamgeist inklusive. 

Ugi über …

… sich: Ich habe Mechaniker gelernt, wollte mich aber immer schon selbstständig machen und die Gastro hat mich immer angesprochen. Mit 18 hatte ich meinen ersten Laden, Mister Waffle in der Lerchenfelder Straße. Dann war ich beim Bundesheer, habe auch Panzer repariert. Ich war Versicherungsmakler, Security, Bürokaufmann. Ich habe alles Mögliche gemacht.

… Döner mit Liebe & Co.: Wir verkaufen einen super Döner, auch Falafel, Haloumi, demnächst einen veganen Döner in Kooperation mit Planted. Wir haben hausgemachte Saucen und sind die einzigen mit einer Trüffelsauce aus Italien. Das Gemüse kaufen wir am Markt. Unser Brot ist vom Prindl, eine der ältesten Bäckereien in Wien. Das Fleisch kommt aus der Steiermark. Wir geben sehr viel Liebe, ich glaube, das spielt alles eine Rolle.

… selbst und ständig: Als ich Ugis aufgemacht habe, war zunächst ganz alleine. Der Stress war ein Wahnsinn und ich hatte einen Zusammenbruch. Ich habe einen Zettel an die Tür gehängt und war einen Monat out of Order. Dann sind die Leute gekommen und haben gesagt, sie haben mich vermisst. Das hat mich schon motiviert.

… Teamgeist: Jetzt habe ich ein super Team, wir sind wie eine Familie hier. Ich vertraue ihnen blind und wir haben auch viel Spaß. Meine Leute haben mir eine große Last genommen. Ich hatte früher auch die Angst, ich kann nicht weg und darf nichts abgeben. Jetzt geht es langsam. Ich liebe den Laden, aber es gibt trotzdem Wichtigeres im Leben.

… den Döner-Faktor: Früher ging der Konkurrenzkampf bei Döner nur über den Preis, jetzt ändert sich das auch anderswo langsam in Richtung Qualität. Ich lese viel, mache Kurse über Wirtschaft und Gastro und alles Mögliche. Die meisten machen das nicht.

Sie verkaufen Döner für drei Euro, nicht zwingend wegen minderer Qualität, sondern weil sie die eigene Arbeitszeit, Miete, Strom und andere Kosten nicht einrechnen. Am Monatsende bleibt was übrig, aber du stehst von Früh bis spät im Laden. Das wollte ich nicht mehr. 

 

Beer H(e)aven

Mit der SCHALKEN Brauerei haben Anna und Roland Wiens Craft Beer-Szene geprägt. Der ØLHAVN TAPROOM ist das neueste Projekt: eine gemütliche Bierbar mit Fingerfood im Herzen des 2. Bezirk. Das Øl (skand.: Bier) kommt natürlich vom Fass – wie das Donaustädter Märzen, OPA Ottakring Pale Ale oder das East Coast IPA – und wird bei Schalken im Ölhafen Lobau gebraut. Dienstags gibt es Pubquiz. Prost!

Anna über …

… sich: Ich habe im Medienmanagement gearbeitet, während Roland sich dem Bierbrauen verschrieben hat – zunächst als Hobby, später gemeinsam mit seinem Bruder Robert. Als Schalken immer größer wurde und Robert ausgestiegen ist, weil es ihm zu viel wurde, bin ich eingestiegen. Es hat damals einfach gepasst – und ich liebe es.

… die Produkte: Wir haben hier unsere fünf Sorten im Programm, Märzen, Lager und IPA. Wir zapfen unser Craft Beer hier vom Fass und es geht runter wie Öl – was ja auch wieder zum Lokalnamen passt (lacht). Daneben werden wir auch Biere von befreundeten Brauereien haben. Bedingung ist, dass sie ein eigenes Sudhaus haben, also wirklich selber brauen und nicht einfach nur ihr Etikett auf Flaschen kleben.

… das Lokal: Ein Taproom heißt nichts anderes als ein zur Brauerei gehörendes Lokal. Den Lokal-Wunsch gab es schon länger, weil wir einerseits unser Fassbier unter die Leute bringen möchten. Hier haben wir auch preislich mehr Spielraum, weil die Flaschenabfüllung natürlich etwas teurer ist. Der wichtigere Punkt ist aber, dass wir hier direktes Feedback von Gästen bekommen, das meistens super ist (lacht). Das ist dann auch ein schöner Lohn dafür, dass ich nach einem ganzen Tag im Sudhaus abends noch im Lokal stehe.

Mehlspeisen-Atelier

DAS LAZY ist eine vegane Konditorei und Café im 18. Bezirk  – mit sensationellen veganen Mehlspeisen-Kreationen wie New York-Rolls mit Haselnuss-Creme oder Salted Caramel & Peanut-Tartelettes.
Inhaberin Alice bäckt ausschließlich selbst. Morgens um 5.30 Uhr verwandelt sich die kleine Produktionsküche in ein Mehlspeisen-Atelier. Wenn sich wochentags um 7.30 Uhr die Türen öffnen, warten oft schon die ersten Gäste auf die noch warmen Köstlichkeiten. 

Alice über …

… sich: Ich habe nach dem Gymnasium eine Lehre als Konditorin gemacht und in der Gastronomie gearbeitet. Dann bin ich  in den Sozialbereich gegangen, weil die Gastro einfach so asozial war – vom Lohn bis. zu den Arbeitszeiten. Aber das Handwerk an sich liebe ich. Deshalb habe ich auch gedacht: „Jetzt oder nie!“, als ich die Location hier entdeckt habe.

… das Konzept: Ich bin selbst vegan und wollte auch eine vegane Konditorei aufmachen. Ich hatte aber großen Respekt davor, weil ich nicht wusste, wie viel Gäste ich damit abschrecke. Aber das Lokal ist von der ersten Minute an super angenommen worden – im Gegenteil: die Aufmerksamkeit in den Medien war gerade deshalb groß.

Ich propagiere nicht groß, dass alle Produkte vegan sind. Ich denke, viele Gäste merken gar nicht, dass sie vegane Mehlspeisen essen. 

… magische Morgenstund‘: Mein Arbeitstag beginnt um 5:30 Uhr früh. Ich bin eigentlich kein Morgenmensch und anfangs war das frühe Aufstehen sehr hart. Im Winter ist es auch immer noch nur furchtbar, aber im Sommer praktisch alleine durch die erwachende Stadt zu spazieren, hat schon etwas Magisches. 

… das Loslassen: Meine Lehre war klassisch, mit tierischen Produkten und Kodex-Bestimmungen, alles genormt. Das Loslassen fiel anfangs schwer. Es steckt viel Tüfteln dahinter, bis ich mit veganen Produkten ein ähnliches oder besseres Ergebnis wie mit traditionellen erhalte. Und das macht die Arbeit kreativ und spannend. 

… Träume: Es war immer mein Traum, ein eigenes Kaffee zu haben, deshalb habe ich auch die Lehre gemacht. Wenn du dann 50 Stunden die Woche bei geringem Lohn arbeitest, bleibt der Traum unerfüllbar. Dass dieser Traum jetzt doch noch in Erfüllung gegangen ist und ich mein eigener Chef bin, das hat schon was. 

Ottakringer Oase

Das frei YOGA & CAFÉ in der Wiener Thaliastraße steht für heimeliges Souterrain-Lokal und begrüntem Innenhof à la Alt-Ottakring. Und für Yoga-Praxisraum plus Café – letzteres mit vollwertiger Gastro. Betreiberinnen Resi und Constanze setzen ihr Konzept mit viel Herz und Liebe zum Detail um: von den Bio-Produkten über den vegetarisch/veganen Schwerpunkt bis zum „frei“ im Namen, das Yoga mit Genuss verknüpft. Am Wochenende gibt es Brunch auf Anmeldung, mit Option auf Abhängen im Innenhof-Garten.

Constanze und Resi (re.) über …

… sich: Wir sind schon lange Freundinnen und irgendwann ist die Idee entstanden, Wiens erstes Yoga Café aufzumachen. Weil wir gerne Menschen zusammenbringen und Gastgeberinnen sind. Wir ergänzen und sehr gut, Resi ist Yogalehrerin und leidenschaftliche Köchin. Ich bin mehr das Gastrokind, stehe total gerne hinter der Bar und mag auch den Trubel gerne.

… die Küche: Wir kochen nur mit Bioprodukten, kaufen fast ausschließlich regionale Produkte ein und unsere Speisen sind vegan und vegetarisch. Mit der Regionalität kommt die Saisonalität. Zero Waste ist noch nicht möglich, aber wir sind auf einem guten Weg. Für den Kaffee haben wir Hafer- statt Kuhmilch im Programm. 

Wir verwenden keine veganen Ersatzprodukte und trotzdem gibt es genug Auswahl, die du vegan auf den Tisch bringen kannst. Ersatzprodukte sind auch Junk Food, kann man sich mal gönnen, aber mit Maß und Ziel.

… einen Ort gestalten: Wenn man so einen Ort nach seinen Vorstellungen gestaltet, zieht man viele Menschen an, die gut dazu passen. Wir haben schon viele Freundschaften geschlossen. Und langsam kommen auch mehr Gäste. Unser Konzept ist ein langsames, aber dafür nachhaltig.

… das Yoga-Team: Beim Yoga sind wir ein Team von zwölf Lehrerinnen und haben tägliche mindestens zwei Stunden Unterricht. Das Team hat sich fast von selbst gebildet: Teilweise wurden wir gefunden, teilweise haben wir gefunden. Wir haben auch eine tolle Zusammenarbeit mit anderen Yogastudios.

… berufliche Zweisamkeit: Es hat bei der Planungsphase auch Durchhänger gegeben und wir haben uns immer wieder gegenseitig motiviert. Uns war von Anfang an klar, dass eine berufliche Partnerschaft insbesondere in der Gastro schwierig ist. Wir haben deshalb im Businessplan festgelegt, Hilfe von außen zu holen, wenn es Schwierigkeiten gibt. Das haben wir bislang ein Mal gemacht und sind gestärkt daraus hervorgegangen. Zu zweit sein sein hat viele Vorteile, wenns ums Durchhalten geht.

… den Genuss: Die Momente, wo wir stolz auf uns sind, sind  jene, wo das Lokal voll ist. Wir sind ein Yogalokal und trotzdem schreiben wir Genuss sehr groß und haben da keinen puristischen Zugang. Wir feiern einfach gerne. 

 

 

Wenn Abla kocht

Dilek führt mit ihrem Team das VEGGIEZZ Salzgrieß. Es ist ein eigenständiges Lokal, kein Teil einer Kette, das ist ihr wichtig. In ihrem Veggiezz kann sich Dilek austoben, die sehr gute und frische vegane Convenient-Küche optimieren, neue Gerichte einführen und Kocherlebnisse wie zu hause bei der Großfamilie schaffen. Denn dort hat Dilek ihr Können her. Hier im Veggiez gibt sie es an ihr Team und die Gäste weiter. Das schmeckt man.

Dilek (re.) über …

… sich: Ich habe mich mit 19 schon selbstständig gemacht, mit einer eigenen Bäckerei. Aus einer sind drei Filialen geworden, im 11. 2. und 20. Bezirk. Auch damals bin ich schon selbst in der Küche gestanden, so wie heute. Ich serviere gerne, ich koche, ich backe. Ich habe davor meine zwölfköpfige Großfamilie bekocht, daher kann ich das wahrscheinlich – auch das Organisatorische (lacht).

… das Konzept: Veggiezz war eines der ersten wirklich veganen Restaurants. 2017 habe ich das Veggiez Salzgrieß als Franchisenehmerin übernommen und seit 2018 betreibe ich die Filiale komplett unabhängig. Ich habe das Konzept angepasst und die Speisen geändert. Wir haben Bowls, Rolls, Burger und Wraps aus frischen, regionalen Zutaten. 

Küchen-Expermiente: 70 Prozent der Waren machen wir selbst. Auch diese Quote wollen wir erhöhen und etwa die Patties selber machen. Wir experimentieren seit einiger Zeit mit Bohnenmasse. Künftig möchte ich die türkische Küche veganisieren und Lasagne machen, wir sagen Kayseri Yağlaması dazu.

… die große Schwester: Wir haben acht MitarbeiterInnen und konnten sie alle durch die Coronakrise bringen. Wir schauen, dass wir untereinander alles besprechen. Wenn wir ein neues Gericht einführen, besprechen wir das auch gemeinsam und sie können mitbestimmen. Das Team ist wichtig, ohne Team läuft gar nichts. Wir sind hier wie eine kleine Familie, wir respektieren uns. Ich bin die große Schwester, ich bin die Abla.

Slow Food to go

Traditionelle Wiener Küche und Fast Food sind wie Schweinsbraten in der To-Go-Box – also unvorstellbar. Doch genau das haben Thomas Rijs und ein Partner gemacht, als sie 2016 den SCHACHTELWIRT am Rande des Wiener Bermudadreiecks eröffneten. Ziel war der Bruch mit Konventionen und die Zusammenführung des schier Unmöglichen: Omas Küche als Schnellgericht.

Seit 2019 führt Thomas das Lokal alleine. Hauptberuflich ist er bei der Wiener Berufsfeuerwehr – und wird mit der Verknüpfung von Szene-Gastronomie und Traditionsberuf wieder Antagonist in eigener Sache. Aber vielleicht sollten wir weniger in Schachteln denken ;)

Thomas über …

… sich: Ich bin ein Kind der Nacht und war in der Nachtschicht in Wien schon während der Schulzeit hinter der Bar. Und ich habe schon als Kind gerne gekocht. Hauptberuflich bin ich bei der Wiener Berufsfeuerwehr. Das geht sich mit dem Schachtelwirt irgendwie aus, ist allerdings eine Herausforderung. 

… das Konzept: Wir wollten einen Spagat schaffen: Omas traditionelle Wiener Küche, viel Liebe, viel Zeit, aber als Fast Food. Diese Ambivalenz, die da eigentlich herrscht, dieses Zusammenführen des Unmöglichen war unser Auftrag. Und Österreichisches Fast Food gibt es eigentlich nicht, außer den Würstelstand, und das war nichts Neues. Deshalb sind wir auf den Schweinsbraten gekommen, in der Schachtel. Das war neu. Außerdem kann ich einen verdammt guten Schweinsbraten. Auch der Name war klar, eine beschreibende Wort-Bildmarke. Und es war ein lustiger Seitenhieb auf den „Mäckie“, der in Wien auch Schachtelwirt heißt.

… das Lokal:  Auch hier die Klammer zwischen Tradition und Neuem: Die Butzenverglasung an der Theke ist eine alte Wirtshausverglasung. Die Bodenfliesen wurden früher in Wiener Zinshäusern verlegt. Die Tische sind Heurigengarnituren, aber als Hochtische installiert. Dazu Barhocker, denn Fast Food lebt davon, dass sich der Tisch dreht und man nicht ewig sitzen bleibt. Die ganze Technik liegt frei. Und wir spielen ab 11.30 Uhr bis 21 Uhr Techno, weil mein früherer Partner und ich das gerne hören und aus der Szene kommen. 

… das Kochen: Wir haben ein komplett offenes Küchenkonzept. Ich sehe gerne den Gast, wenn er ins Essen beißt und es ihm schmeckt. Deshalb die offene Küche und die Verglasung. Mir ist wichtig, dass man auch als Koch sichtbar ist und der Gast ein Gefühl dafür hat, was wir hier machen. Eine gewisse Ehrlichkeit und Transparenz, natürlich spritzt auch mal etwas. Kochen ist ein Handwerk.

Ich schätze die Haubengastronomie, alles cool und spannend. Das sind für mich die KünstlerInnen der Branche, die vieles aufbrechen und uns auf neue Wege bringen. Aber grundsätzlich ist Kochen ein Handwerk. Und als Koch hast du natürlich auch eine Freude, wenn du Reaktionen mitbekommst, mit den Gästen kurz reden kannst und nicht in einem Keller versteckt wirst. 

… die Produkte: Die Qualität des Essens und die Zutaten haben immer oberste Priorität. Wir haben am Anfang Blindverkostungen gemacht, beim Fleisch ist der Hödl übrig geblieben. Nicht nur, weil er der letzte Wiener Metzger ist, der noch selbst schlachtet – das Fleisch ist einfach mit Abstand das beste. Alle Produkte müssen aus Österreich kommen.

… Fleisch-Konsum: Wir haben immer mindestens eine vegetarische Speise auf der Wochenkarte, aktuell sind es Bärlauchknödel. Wir müssen alle über unseren Fleischkonsum nachdenken. Ich finde den asiatischen Zugang spannend, Fleisch eher als Gewürz zu betrachten oder jedenfalls als bewusste Sache, als etwas Außergewöhnliches.

Kunst und Kuchl

Im Sommer 2023 hat Adam Vertes das altehrwürdige Wratschko im 7. Bezirk übernommen und die ATLAS BAR AND GALLERY daraus gemacht. Die holzgetäfelte Patina blieb erhalten, der Schankraum ist jetzt luftiger und die Galerie im hinteren Bereich unter Kuratorin Sarah Theuer neuer Dreh- und Angelpunkt der jungen und wie der etablierten Kunstszene. Neben Naturweinen aus der Region und den Nachbarländern setzt man im Atlas auf Sandwiches aus Sauerteigbrot und fermentiertes Fingerfood – alles selbstgemacht. 

Adam über …

… sich: Ich bin der Geschäftsführer des Atlas. Sarah ist die Kuratorin unserer Kunstgalerie, sie ist die Wienerin im Team. Ich komme ursprünglich aus Budapest. Bevor ich nach Wien kam, habe ich in Kopenhagen gelebt. Nach Wien hat mich der Zufall verschlagen, aber der Plan, hier ein Lokal zu eröffnen, stand von Anfang an fest.

… das Konzept: Das Atlas ist Treffpunkt und kulturelle Drehscheibe mit Veranstaltungen, gutem Essen, ausgewählten Getränken und Ausstellungen. Woanders ist das Konzept schon etabliert, zum Beispiel in Budapest. Unsere Ausstellungen wechseln alle zwei Wochen, trotzdem sind wir bis ins nächste Jahr hinein ausgebucht. Bei den Getränken haben wir uns auf Naturweine spezialisiert, aus der Region, aber auch aus Ungarn, Tschechien, Italien, Kroatien, Slowenien.

… elevated Bar Food: Beim Essen setzen wir auf Fermentiertes. Wir fermentieren Gemüse, Kimchi, Kombucha und servieren es in Sandwiches und als Fingerfood. Für das Brot setzen wir unseren eigenen Sauerteig an. Wir machen Salate und Tapas-Style Food – kleine, feine Appetithappen für den Hunger zwischendurch. 

Sarah über…

… sich: Ich komme aus dem Kunstmanagement mit dem Schwerpunkt Straßenkunst, deshalb ist das hier auch ein Schwerpunkt. Wir haben hier zum Beispiel demnächst eine Ausstellung mit drei Illustratoren, aus den USA, aus Irland und aus Österreich. Alle drei verbindet, dass sie aus der Skateboard-Szene kommen und diese Szene ihre Kunst geprägt hat.

… die Kunst-Bühne: Wir haben hier kein typisches Galerie-Publikum. Deshalb spielen wir hier mit den Grenzen der Kunstgalerie und erweitern diese Grenzen, wenn möglich. Neben etablierten KünstlerInnen wollen wir auch Newcomern eine Bühne schaffen, die bei uns die erste Ausstellung machen können. 

„Wir sind kein Instagram-Lokal“

Seit 2023 führen Shahab alias Shabi und Tochter Anna das MARIA UND JOSEF im 7. Bezirk. Der Name ist Zufall und das Lokal in erster Linie ein spannendes Generationsprojekt – in das Shabis jahrzehntelange Erfahrung und Annas frischer, professioneller Zugang fließen. Und gutes, leistbares Essen mit orientalischer Note gibt es natürlich auch. Ein Interview. 

Wie bist du in die Gastro geraten, Anna?

Anna: Ich bin in den Lokalen meiner Eltern aufgewachsen und war von Anfang an fasziniert von der Gastro. Deshalb habe ich später auch eine Tourismus-Schule abgeschlossen, obwohl mir der Papa immer abgeraten hat, in diese Branche zu gehen. Ich habe Praktika gemacht in St. Moritz oder im Hangar 7, damit ich den Papa stolz machen kann und für mich natürlich auch das Beste wollte.

Shahab: Abgeraten habe ich ihr deshalb, weil ich weiß, wie anstrengend das Gewerbe ist. Das Nachtleben ist nicht familienfreundlich. Es ist ein stressiger Job, den du nur dann gut machen kannst, wenn du ihn wirklich liebst und bereit bist, auf  Vieles zu verzichten. Du stehst jeden Tag auf der Bühne. Und reich wirst du damit auch selten (lacht).

Anna: Wir haben unsere Differenzen, aber wir können gut miteinander und decken auch verschiedene Bereiche ab. Wie wir das Maria und Josef eröffnet haben, wollte Papa die Einladungen per Hand schreiben, mit Postversand …

Shahab: … weil ich das in meinem ersten Lokal auch so gemacht habe vor 25 Jahren. Früher hat es ja kein Social Media gegeben, die jüngere Generation ist da ganz anders. Die Jungen leben sehr gut mit der Vielfalt und das ist auch ok. Anna kümmert sich um Dinge, die für mich einfach schon zu schnell sind. Dafür bin ich auch sehr dankbar.

Anna: Jetzt darf sich Papa als Inspiration am Abend TikToks  über Essen anschauen. Wir haben anfangs auch mit vielen Social Media Managern geredet, aber jetzt mach ich das selber. Es ist vielleicht ein bisschen chaotisch, aber so sind wir eben. 

Wie seid ihr denn, wie ist euer Konzept?

Shahab: Ich wollte ein Lokal haben, wo ich selber am Abend gerne hingehen würde. Beim Essen zeigen wir ein bisschen unsere orientalische Herkunft her, mit vegetarischem Schwerpunkt. Es sollte nicht überteuert sein, zu uns kann man einfach auch kommen, wenn man Hunger hat. Was wir verkaufen möchten, ist eine schöne Zeit.

Anna: Dazu haben wir seit Corona auch einen Store mit Getränken und anderen Produkten. Wir haben eigene Kriterien, keine Massenware, einen nachhaltigen Aspekt und am liebsten eine Familie hinter dem Produkt.  

Zurück zu Social Media – wie hat sich die Gastro dadurch geändert?

Shahab: Social Media kann dir einen enormen Push bringen, das ist schon beeindruckend. Aber einen Hype zu halten und nachzulegen oder nachlegen zu müssen, ist schon ein enormer Druck.

Anna: Papa sagt immer, „Wir sind kein Instagram-Lokal“. Ein Hype alleine gibt dir als Lokal vielleicht einen Push, aber das Produkt und das Konzept dahinter muss stimmen. Sonst kommen. die Leute genau einmal und nie wieder. Schöne Fotos alleine bringen dich nicht weiter. Insofern haben sich die Werte in der Gastronomie nicht geändert. 

Shahab: Obwohl auch schon zu uns Leute gekommen sind, um ein Foto zu machen. Da kommst du dir vor wie das Lokal unterhalb des Eiffelturms. Das ist für mich schon sehr neu alles.

Anna: Wir sind aber tatsächlich kein Instagram-Lokal. Meine Generation kommt gar nicht zu uns. Es sind natürlich alle willkommen, aber zu uns ist kommt ein Publikum, dass einen schönen Abend mit gutem und nicht überteuertem Essen und in einer guten Stimmung verbringen möchte. Zu uns kommen Menschen, die genießen möchten. 

Bemuttert

Das UUDAM ist ein kleines familiengeführtes vietnamesisches Restaurant im 9. Bezirk mit rein veganer Speisekarte. Klassiker wie Sommerrollen und Bahn Mi (vietnamesisches Baguette) sind ebenso dabei wie diverse Phos (Suppen) und Sticky Rice. Viet steht vorne im Laden, begrüßt die Gäste und serviert. Doch das Herz des Uudam schlägt dahinter in der relativ großen Küche, wo Viets Mutter mit sehr viel Liebe kocht.

Viet über …

… die Mutter: Das Uudam gibt es seit Mai 2023. Meine Mutter ist die Chefin und kocht. Sie lebt seit 20 Jahren vegan und auch meine Großmutter war schon vegan. Es ist beinahe eine Familien-Tradition. Meine Großmutter wurde sehr alt und wir sind überzeugt davon, dass veganes Essen sehr gesund ist. Meine Mutter mochte auch die Idee des Tiere Tötens nicht und will die Umwelt schonen. 

… das Konzept: Meine Mutter hat immer zu Hause für uns gekocht und auch FreundInnen und Bekannte mit veganem Essen versorgt. Mindestens einmal pro Woche hatten wir ein großes Essen. Da lag die Entscheidung, ein Lokal aufzumachen, auf der Hand. Das Lokal hier in der Spitalgasse haben wir zufällig entdeckt und konnten den Besitzer von uneresm Konzept überzeugen.

… die Küche: Meine Mutter kocht vietnamesische Gerichte in veganen Varianten. Klassische Gerichte, die man sie auch in Vietnam bekommt, mit überwiegend biologischen und frischen Zutaten. Außerdem stellt sie auch die Fleischersatzprodukte aus Soja von Hand her. Manchmal erhalten wir dann Beschwerden von KundInnen, die nicht glauben können, dass ihr Pho Uudam oder Pho BBQ tatsächlich vegan ist (lacht). 

… den Familienbetrieb: Ich helfe meiner Mutter im Service und beim Papierkram oder übersetze auch für sie so wie heute. Das ist und war nicht immer leicht, weil ich derjenige unter meinen Geschwistern bin, der gerne dagegen redet. Aber wir lernen dazu und werden immer besser. 

Teigtaschen a la Taiwan

Am Rande der begehrten Begegnungszone in der Neubaugasse im 7. Bezirk führen Lin und Liyao alias Leon das LIN’s VEGGIE DUMPLIN‘: Das sind kleine gefaltete Teigtaschen mit Füllung, bei Lin’s ausschließlich in vegan. Die in Taiwan sehr beliebten Dumplings werden täglich frisch produziert und das schmeckt man auch. Manchmal gibt es saisonale Specials wie Bärlauch. Oder Lin probiert etwas ganz Neues aus, zum Beispiel Senfgemüse-Füllung mit Tofu – das dann als Dauerbrenner auf der Karte landet. Leon kümmert sich in der Zwischenzeit darum, dass die Zutaten nie ausgehen und das Essen rasch am Tisch steht. Mahlzeit!

Lin über …

… das Konzept: Wir sind beide in der Gastronomie aufgewachsen und haben uns immer schon gewünscht, vegane Produkte aus der Taiwanesischen Küche anzubieten. In Taiwan gibt bereits starke vegane Einflüsse, in Wien ist die vegane Küche noch relativ jung. Deshalb haben wir uns auf Dumplings spezialisiert: ein typisches Gericht der Taiwanesischen und generell der asiatischen Küche und ein einfaches und vor allem gesundes Fast Food, hochwertige Produkte. Lin ist eine leidenschaftliche Köchin und experimentiert gerne, ich bin eher vorne bei den Gästen.

… die Karte: Unsere Karte ist nicht umfangreich, weniger ist mehr. Bei den Dumplings ist unsere klassische Gemüsefüllung mit Weißkohl, Karotten und Morcheln am beliebtesten. Wir haben auch Senfgemüse-Füllung mit Tofu, Glasnudeln und Kraut. Im Frühling ist unsere Bärlauch-Füllung der Renner, dann kommen die Gäste aus halb Wien zu uns. Neben den Dumplings haben wir noch Nudeln, Rice Bowls und frittierte Snacks.

… rasch am Tisch: Wir achten darauf, dass unsere Speisen nicht nur frisch gemacht werden, sondern auch rasch am Tisch stehen oder mitgenommen werden können. Dafür bereiten wir die Sachen täglich vor, und die Dumpings müssen dann nur noch für einige Minuten ins Wasserbad und sind fertig. Viele Gäste schätzen die Geschwindigkeit vor allem Mittags, wenn sie manchmal nur eine kurze Pause haben. 

Pizzampano

Mit PLANTY PIZZA produziert Tizian Steiger  in der offenen Mini-Küche des altehrwürdigen Spektakel mit offensichtlicher Freude die wahrscheinlich beste vegane Pizza von Wien. Der Teig ist wie bei jedem guten Pizzaiolo eine Wissenschaft. Die Toppings macht er entweder selbst oder sind gut gewählt und in Kombination ein geschmackliches Road-Movie mit Happy End. Oder einfach saugut. Nur ohne Sau natürlich.

Tizian über …

… sich: Ich habe Koch gelernt und komme eigentlich aus der Spitzengastronomie. Dann kam bei mir der Veganismus ins Spiel und damit war der Weg in die sogenannte Spitzenküche erstmal verstellt, weil dort leider immer noch für jeden Gang ein anderes Tier stirbt.
Also habe ich in veganen Lokalen gekocht und irgendwann meinem alten Kochkollegen Serge Bensa von Pizza Bros beim Start geholfen. Das hat mich dann gepackt.
 
… das Produkt: Ich wollte unbedingt etwas Veganes produzieren, wo ich aber trotzdem mit dem Endprodukt überzeugen kann und keine Abstriche beim Geschmack oder bei der Qualität machen muss. Bei Pizza ist der Teig immer vegan und wenn du den richtig machst, hast du schon mal sehr viel richtig gemacht.
 
… wilde Toppings: Bei den Toppings tobe ich mich aus. Und da kommt dann der Koch wieder raus und erstellt Geschmacksprofile.
Einmal in der Woche kommt was ganz Spezielles drauf, zum Beispiel Falafel, Thun-Visch und Chili-Mayo. Und die Leute lieben es. Ansonsten bemühe ich mich um Klassiker wie Margherita, die musst du auch immer haben.
 
… meditativen Teig: Ja, was macht den Teig aus? Zeit Wissen, Temperaturen und einfache, aber gut gewählte Zutaten. Beim Teig wird dir nie langweilig. Es ist wie Meditation, wenn du in der Früh reinkommst und den Ansatz vom letzten oder vorletzten Tag nimmst. Du musst dich darauf konzentrieren, welche Konsistenz und Temperatur er hat, du musst die ganze Zeit messen. Das ist ein schöner Prozess, der immer wieder Spaß macht.
 
… vegane Salami: Manchmal sind die Leute skeptisch und sagen, „Du kannst es nicht Salami nennen, wenn’s nicht vom Tier ist.“ Und ich sage, „Esst erstmal eine Pizza und dann reden wir weiter.“  Und einige meinten danach, „Schmeckt richtig gut.“ Das ist mein Ansatz: Ich bin vegan, ihr müsst nicht alle mitmachen, ich gebe euch einfach gute Sachen. Und dann reden wir drüber.