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Autor: Stefan Knoll

Z wie Zentrum

Als Wirtshauskind wollte Christa Ziegelböck nicht in einer Reihe mit vielen stehen und hat das CAFE Z vor acht Jahren dort eröffnet, wo damals fast nichts war: am Kardinal-Rauscher-Platz im 15. Bezirk. Heute ist das Cafe Z eine Perle und Institution: für alteingesessene AnrainerInnen und die neue hippe Community.

Christa über …

… sich: Ich komme aus der Sozialarbeit, bin aber so etwas wie ein Wirtshauskind. Ich habe mit sieben Jahren im Gasthaus meines Onkels das erstes Bier gezapft und mit zwölf kellneriert. Das hat mir unglaublichen Spaß gemacht.

… das Cafe Z: Ich haben mir damals einige Lokale angeschaut. Dann hat mir eine Freundin gesteckt, dass der Vorbesitzer hier zusperren wird und bin sofort vorstellig geworden. Das Lokal war bereits vergeben, aber ich habe mir ein Gespräch beim Eigentümer ausbedungen, damit er weiß, gegen wen er sich entscheidet. Ich wollte unbedingt diesen Ort mit dem Charme der frühen 1960er Jahre bespielen. Am Ende des Gesprächs habe ich dann den Zuschlag gehabt.

… die zähen Jahre: Es hat es ein paar Jahre gedauert, bis es gelaufen ist. Mein ehemaliger Chef war wie ein Mentor in dieser Zeit. Er hat gesagt, ‚Das Konzept ist gut, der Ort ist gut. Wenn du die finanziellen Mittel hast, es drei Jahre durchzustehen, wird es funktionieren.‘ So war es dann auch, aber die Aufbauarbeit war zäh.

… das Konzept: Immer frisch produziert, nichts auf Vorrat, kaum Abfälle. Neben unseren Galettes und Crêpes bieten wir auch einen vegetarischen Mittagstisch an und alle MitarbeiterInnen sind angehalten, mit den Ressourcen verantwortungsvoll umzugehen. Es kann sein, dass um 14:00 Uhr das Mittagsmenü ausverkauft ist. Es wird jeden Tag frisch gekocht.

… den 15. Bezirk: Ich lebe seit mehr als 20 Jahren im Grätzl und habe bemerkt, dass sich was tut. In den letzten vier, fünf Jahren sind viele junge Familien zugezogen und viele Kunst- und Kulturschaffende haben Ateliers gegründet. Davor war der Bezirk ja lange abgehängt, der ärmste Bezirk Wiens. . Auch wenn es mir nicht gefällt, dass die urbane Entwicklung auch Menschen verdrängt,  ich hätte das Lokal ohne diese Perspektive nicht eröffnen können.

… die Gäste: Ich liebe die Heterogenität meiner Gäste. Es sitzen die älteren Damen und Herren hier und schlemmen Cremeschnitten und Kaffee neben den vielen jungen Leuten, die den modernen Zuzug repräsentieren. Mein Zugang ist, dass jeder mit jedem respektvoll umgeht. Als Team haben wir einen vertrauensvollen Umgang miteinander. Das spüren und wertschätzen auch die Gäste.

Balkan, Baby!

Ein Ort, wo gutes Essen aufgetischt wird – das bedeutet SOFRA in Bosnien. Und das gleichnamige Lokal in der Märzstraße macht seinen Namen Ehre: Wer glaubt, Pita (Burek) und Cevap(cic)i seien kulinarisch komplett ausgereizt, wird im Sofra eines Besseren belehrt. Arvedin Terzic und Edin Sahovic ist mit ihrem Team gelungen, vermeintlich geläufigen Gerichten einen kulinarischen Twist zu verpassen.

Edin über …

… sich und Arvedin:  Arvedin Terzic ist ein Kindheitsfreund und ehemaliger Profifussballer, ich habe bereits Erfahrung in der Gastronomie. 2019 haben wir die Idee geboren, ein Lokal mit Spezialitäten aus Bosnien zu eröffnen, wie wir sie seit unserer Kindheit kennen.

… das Lokal: Wir haben schließlich ein Lokal in der Märzstraße gefunden. Die Eröffnung war im Mai 2020 und der erste Lockdown hat uns leider das Opening verhagelt. Wir haben damals relativ rasch auf Takeaway umgestellt und liefern bis heute selbst aus. Mittlerweile kommen die Leute auch sehr gerne zu uns ins Lokal. Der Name Sofra bedeutet soviel wie: ein Ort, wo Essen aufgetischt wird.

… die Produkte: Als Hauptprodukte bieten wir Pita wie in Bosnien an, dass sind Bureks mit verschiedenen Füllungen. Außerdem Verschiedenstes vom Grill, zum Beispiel Cevapi. Das Besondere: Die Fladenbrote dafür werden kurz in Rindsuppe getunkt und anschließend auf die Cevapi am Grill gelegt. Das gibt ihnen einen speziellen Geschmack.

 … Nachhaltigkeit: Der Teig für Bureks wird täglich frisch von Hand gemacht und gefüllt, die Bureks mehrmals täglich gebacken. Unsere Cevapi sind aus reinem Rindfleisch ohne Konservierungsmittel. Die Zutaten für die Füllungen (Eier, Kartoffeln, etc) werden von regionalen LieferantInnen bezogen, die wir persönlich kennen.Das Arbeitsklima bei uns ist sehr familiär und wir sind ein durchgemischtes Team aus verschiedensten Herkunftsländern sowie Religionen.

… die Zukunft: Wir sind sehr gerne Gastgeber und ich hoffe, das schmeckt man auch. Wir sind generell an der Qualität unserer Produkte orientiert und auch immer am Ausarbeiten neuer Ideen, wie zum Beispiel unserer Familien-Pita oder einer Variante davon als frozen-edition, mit der wir im Moment auch im Einzelhandel Fuß zu fassen versuchen. Und wer weiß, vielleicht gibt es unsere Filialen einmal in ganz Wien.

 

Mit Rad zur Tarte

Sie hat gemeinsam mit ihrem Partner das erste fancy Vietnam-Lokal in Wien eröffnet – das Sapa. Und vor zehn Jahren gleich daneben mit dem TART’A TATA eine französische Bäckerei. Warum? Weil sich Frankreich und Vietnam kulinarisch sehr nahe stehen. Jetzt hat Victoria Wiesner ihre französische Patisserie vom Feinsten in den 14. Bezirk gebracht. Chapeau!

… sich: Ich habe eine Hotelfachschule besucht und bin eine Chefin, die alles macht. In unserem vietnamesischen Lokal Gasthaus – Sapa stehe ich auch selbst in der Küche. Aber die Patisserie überlasse ich lieber unseren MeisterkonditorInnen. Nur bei der Produktentwicklung mische ich mich gerne ein und fahre dafür immer wieder mal auf Produktrechereche nach Paris.

… das Tart’a Tata: Die Idee der französischen Boulangerie kam wegen den eher wenig beliebten asiatischen Süßspeisen. Durch die frühere französische Kolonialherrschaft in Vietnam – die auch kulinarische Einflüsse geprägt hat – lag es nahe, vietnamesische Küche mit französischem Süßwerk zu verbinden. So entstand das erste Tart’a Tata direkt neben dem Gasthaus Sapa.

In den 14. Bezirk ist dann nur die Patisserie gewandert. Hier im Grätzl tut sich so viel, in Kürze werden mehr als 1.000 Wohnungen bezogen. Der Bezirk hat Potenzial, obwohl man uns noch nicht so gut kennt. Aber es wird, und gastronomisch wird der Bezirk auch immer besser erschlossen.

… die Produkte: Ein, zwei Desserts sind bei uns immer vegan und/oder glutenfrei. Aber wir sind eine klassische französische Bäckerei und ich will mich da auch nicht so biegen und jedem Trend folgen. Ich habe den Eindruck, Backwerk wird generell immer beliebter und es gibt auch immer mehr HobbybäckerInnen. Wer hätte gedacht, dass junge Menschen heute auf die Mariahilfer Straße pilgern und sich Torten-Accessoires besorgen.

… Wohlfühl-Qualität: Qualität ist mir sehr wichtig. Und ich glaube, die erreicht und eben man nur, wenn es uns allen gut geht und die MitarbeiterInnen sich wohl fühlen. Das schmeckt man dann auch.

Lei(n)wand!

In den Räumen des ehemaligen Gloriette-Kino im 14. Bezirk lebt im VELOBIS heute fort, was einst das Kino war: der einzige Kultur- und Grätzl-Treffpunkt weit und breit. Inhaber Anthony Chira fusioniert nigerianische und heimische Küche, Radgeschäft und Beisl zu einem Ort, an dem man sich einfach wohl fühlt – und am Wochenende reservieren sollte.

Anthony über …

… sich: Ich komme aus Nigeria, lebe seit 24 Jahren in Österreich und bin studierter Betriebswirt. Vor zwölf Jahren wollte ich mich beruflich neu erfinden und nur noch machen, was mir Spaß macht. Also habe ich ein Radgeschäft eröffnet.

… das Velobis: Nach sieben erfolgreichen Jahren haben wir uns nach einem größeren Laden umgesehen. Ein Kunde hat mir dann erzählt, dass das ehemalige Gloriette-Kino direkt nebenan frei wird. Und weil mich Essen immer schon fasziniert hat, haben wir Ende 2015 eine Velo-Geschäft mit Bistro eröffnet, das Velobis.

… Food-Koalitionen: In meiner Küche fusioniere ich afrikanische und österreichische Küche, das bin ich und darauf bin ich stolz. Seit zwei Jahren haben wir auch unsere eigene Eismanufaktur.

… Bio & Co.: Nachhaltigkeit ist mir extrem wichtig. Unser Frühstück ist großteils bio. Fleisch gibt es bei mir nur in Bio-Qualität, oder es gibt Wild. Mein Gemüse ist nicht immer bio, weil es zum Beispiel im Winter sehr schwierig ist, Bio-Gemüse in größeren Mengen zu bekommen.

… den BeWirt*-Faktor: Kochen und Gastfreundschaft sind erfüllende Aufgaben. Fahrräder sind fantastisch, aber nicht so emotional wie Essen und Trinken. Ich will Menschen Freude geben. Essen ist Vertrauen und es ist schön, dass uns die Gäste Vertrauen schenken. Am Wochenende musst du bei uns einen Tisch im Voraus reservieren. Und viele Gäste sind mittlerweile zu guten Freunden geworden.

 

Elementarer Rausch

Früher hat Marc Schweiger viel gefeiert. Dann hat er den Meidlinger Markt entdeckt und das „Marctstandl“ Dort entstanden die ersten CURCAMA-Produkte – eine Produktlinie aus der 5-Elemente Küche mit Kurkuma als Basis. Curcama steht für die Gesundheit, die innere Hitze, den Geschmack und den Rausch ohne Reue. Curcama ist wie Marc: ziemlich vielseitig. Das Marctstandl gibt es nicht mehr. Marc vertreibt Curcama mittlerweile landesweit.

Marc über …

… sich: Ich komme aus der Gastro, habe Kellner gelernt, war im Sacher, nebenbei Matura gemacht und Sportwissenschaften studiert.

2015  habe ich den Meidlinger Markt entdeckt, mir Geld von Freunden ausgeborgt und das Marctstandl gekauft. Ich habe mit Tee und Currys angefangen und mit Essen im Glas. Alles auf TCM-Basis, also der 5-Elemente-Küche.

… Zufallsprodukte: Irgendwann habe ich angefangen, die Sachen die ich zum Kochen verwendet habe, in Alkohol anzusetzen: frischen Ingwer, Kurkuma, Langpfeffer. So ist Curcama entstanden, zunächst als konzentriertes Elixier.

Dann sind Freunde aus der Berliner DJ-Szene gekommen und haben gesagt, ‚Es ist eh nett, was du da machst, aber wir brauchen was zum Feiern.‘ So ist der Likör entstanden. Über diverse Lockdowns habe ich weitere Produkte entwickelt, etwa Essig, Honig, Bier oder eine Wildkräuteressenz.

… 5-Elemente & Co.: Bei Curcama sind 18 Komponenten drinnen, die aus der 5000 Jahre alten TCM (Traditionelle Chinesische Medizin) kommen, neben Kurkuma und Langpfeffer auch Ingwer, Enzian- und Löwenzahnwurzel. Meine Produkte wirken dem kalten Unterbauch entgegen und wärmen von innen. Das funktioniert wirklich. Wenn du sie im Sommer zum Beispiel im Cocktail trinkst, empfehle ich kühlende Kräuter wie Minze oder Basilikum zum Ausgleich.

Das Spannende an der 5- Elemente-Küche: Wenn du alles gleichzeitig in einen Topf haust, schmeckt es nach nix. Wenn du das ganze im Ernährungszyklus machst, die Dinge hintereinander zugibst, in minimalen Dosen, wirst du eine Geschmacksexplosion erleben.

Kaffeelektüre

Vor 13 Jahren eröffnet Ulla Harms im damals vergessenen Nibelungenviertel eine Buchandlung „auf der grünen Wiese“. Von Anfang an mitgedacht und 2019 umgesetzt: ein Café, das KundInnen und PassantInnen besten Kaffee und Soulfood bietet. In mühevoller Handarbeit entkernt und renoviert, ist das FRANZUNDJULIUS heute eines der schönsten Jugendstil-Kaffeehäuser in einer der schönsten Ecken von Wien.

Ulla über …

… das Lokal: Als ich im Mai 2009 das Buchkontor eröffnet habe, waren wir praktisch alleine auf der grünen Wiese. Im Laufe der Jahre entstand dann durch unsere Kundinnen und Kunden sehr schnell die Idee, die Buchhandlung mit einem Kaffeehaus zu verknüpfen. Doch zunächst fehlte die Location.

Zufällig habe ich irgendwann einen Blick auf das Nebenlokal erhascht. In den 1970er-Jahren war dort eine Tischlerei, die aber nur noch als als Lager diente. Das Lokal war komplett zugeramscht, doch ich konnte eine alte Flügelschwingtür und wunderschöne Fliesen im Jugendstil erkennen. Nach Jahren des Nachfragens durfte ich das Lokal im Frühjahr 2019 endlich übernehmen und wir haben es über den Sommer von Grund auf saniert und praktisch alles selber gemacht.

… die Produkte: Wir haben täglich Frühstück, frisch gebackene Kuchen, auch in vegan, und ein wechselndes Mittagsgericht im Angebot. Viele unserer Produkte sind Bio. Und alle sind von ausgesuchten kleinen ProduzentenInnen, die allermeisten kenne ich persönlich. Wir haben ausgesuchte österreichische Weine und Bier von einer familiengeführtenBrauerei, Bruckners Erzbräu aus dem Mostviertel. Den Kaffee beziehen wir von einer kleinen italienischen Rösterei.

… Nachhaltigkeit: Ich lege großen Wert auf Nachhaltigkeit, nicht nur bei den Zutaten. Wir geben unser Essen zum Mitnehmen in Rex-Gläsern aus und haben ein Pfand-System. Auch die Milch beziehen wir in der Glasflasche, das funktioniert super. Wir produzieren auch im Hochbetrieb nur einen Müllsack pro Tag, darauf sind wir stolz.

… Hommage ans Grätzl: Das franzundjulius ist eine Hommage an die Bauherren des Hauses, die Brüder Franz und Julius Huber. Sie haben hier einst einen Drogeriehandel betrieben. Das Grätzl war beliebt und belebt, über die Grenzen des 15. Bezirks hinaus. Das franzundjulius und das Buchkontor sind mein Beitrag, um das Leben ins Nibelungenviertel zurückzubringen.

 

Pawlatschen-Paradies

Dieser Text enthält zwei Geschichten. Denn Helene Lang wollte immer nur ihr eigenes Lokal. Und Tobias Glaser wollte immer nur Kaffee rösten. Weil beides gut zusammenpasst, haben die Beiden ein KLEINES WIENER CAFÉ eröffnet. Dort gibt es besten TOLUKA-Kaffee und raffinierte Mehlspeisen, klassisch oder vegan/glutenfrei. Der Gastgarten im pittoresken Pawlatschen-Innenhof mit 150 Jahre alter Weinrebe ist übrigens DER Geheimtipp für den Sommer.

Helene über …

…sich: Ich habe seit der Matura in einer Hotelschule immer in der Gastronomie gearbeitet und war in manchen Lokalen von Anfang an dabei. Das erleichtert mir den jetzigen Start, weil ich einfach weiß, dass es normal ist, wenn am Anfang wenig los ist. 

… Punschschnitte & Co: Wir sind dabei, ein pikantes Frühstück zu entwickeln. Derzeit bieten wir aber vor allem selbstgemachte Mehlspeisen an, zum Beispiel Apfel-Streuselkuchen oder Wachauer Torte. Wir haben selbstverständlich auch vegane und/oder glutenfreie Produkte, zum Beispiel unsere vegane Punschschnitte. Dabei ist mir wichtig, dass der Rum nicht alles überdeckt und die Frische erhalten bleibt. Auch unsere Deko – eine kandierte Orangenscheibe – ist selbstgemacht.

… die Gastro und kleine Erfolge: Ich brauche den Umgang mit Menschen, auf eine humorvolle Art und Weise. Ich mag auch den Umgang mit Lebensmitteln und brauche täglich kleine Erfolge, um mich rund zu fühlen. Und da ist die Gastronomie genau das Richtige für mich. Ich mache es gern und es macht mir Spaß.

Tobias über …

… Interesse an Kaffee: Das Interesse an Kaffee hat mit einem Kollegen in der sozialen Wohngruppe begonnen, in der ich damals gearbeitet habe. Wir haben uns jeden Tag 7 bis 8 Kaffee aus dem Vollautomaten gelassen. Es schmeckte jeden Tag ein bisschen anders, aber immer schlecht, und wir haben uns gedacht: Was gibt es noch?

… das Rösten: Lukas und ich haben in der Folge kleine Kaffees abgeklappert und sind unter anderem beim Kaffeeröster Charly Fürth gelandet, der damals noch ein Kaffeehaus hatte. In der Folge habe ich ihn in vielen Gesprächen überzeugt, mich einmal zum Rösten mitzunehmen. Zwischenzeitlich habe ich Kaffee zuhause im gusseisernen Wok geröstet, in der Küche hat es gestunken und geraucht, das hatte keine Zukunft. Irgendwann hat Charly Fürth mich zum Rösten mitgenommen. Das war der Startschuss.

… gemeinsames Glück: Seit wir uns kennen, haben wir immer wieder vom eigenen Lokal geredet. Und jetzt stehen wir hier. Ursprünglich wollte ich nur rösten und hatte nie groß den Plan, in die Gastronomie zu gehen – bis ich Helene kennengelernt habe. Jetzt kann ich sagen: Die Gratwanderung aus einem gewissen seriösen Umgang mit Gästen, den ich aber mit Schmäh umsetzen kann, gefällt mir sehr an der Gastronomie.

„Es gibt jetzt eine Wirtinnen-Tour mit Frauen. Einfach weil wir können“

Nunu Kaller ist Buchautorin, Bloggerin, Influencerin – und im Team von Gusto Guerilla. Ihre Themen sind Nachhaltigkeit und Konsum, ihr Herzensanliegen die Gleichbehandlung. Deshalb hat Nunu auch sofort zugesagt, als unsere gemeinsame Freundin Joanna Six die großartige Idee einer reinen Frauen-Tour hatte, also nur mit Wirtinnen. Warum? „Weil wir 2023 haben!“ Also darum.

Du kuratierst für Gusto Guerilla eine reine Wirtinnen-Tour. „Was ist euch denn da eingefallen?“, fragen uns TeilnehmerInnen.

Als Kanadas Premierminister Trudeau 2015 sein Kabinett präsentiert hat und 15 von 31 MinisterInnen Frauen waren, hat er auf die Frage nach dem ,Warum‘ geantwortet: „Because It’s 2015!“ Heute möchte ich das auch sagen. Wir machen eine Wirtinnen-Tour, weil wir 2023 haben. Weil es ganz normal sein sollte, dass auch Frauen an der Spitze die Gastro schupfen.

Und von ganz normal sind wir weit weg …

Uns ist nach drei Jahren Lokal-Suche für die Gusto Guerilla aufgefallen, dass der Frauenanteil bei unseren PartnerInnen klein ist und nur um die 25 Prozent liegt. Und das war der Gedanke: Schaffen wir eine eigene Wirtinnen-Tour. Und ich bin der Meinung dass es selbstverständlich sein sollte. Es gibt jetzt einfach eine Frauen-Tour. Weil wir 2023 haben. Weil wir den Scheinwerfer auf sie richten können.

Woran liegt das?

Weil die Spitze auch in der Gastro männlich ist. Das ist in so ziemlich jeder Branche so, wo es nicht um Care-Arbeit geht. Wir leben immer noch ein Gesellschaftsbild, wo 50:50 nicht selbstverständlich ist. Wo Männer mehr verdienen – übrigens sind wir hier Schlusslicht in der EU – und ihnen Frauen zuhause den Rücken freihalten. Und die Gastro ist mit ihren langen Arbeitszeiten an den Tagesrändern und Unplanbarkeiten besonders frauenfeindlich. 

Du hast für die Idee einer Wirtinnen-Tour sofort gebrannt. Warum?

Ich bin allgemein ein sehr großer Fan von Selbstständigen, Frauen wie Männer. Als ich noch angestellt war, habe ich jahrelang gedacht, ich finde das so cool, wenn Bekannte oder FreundInnen ein Lokal  oder ein Geschäft aufgemacht haben. Das war für mich so undenkbar. Jetzt hab ich mich selber getraut und bin seit 2021 selbstständig. Aber eigenes Lokal zu führen ist nochmal eine andere Liga. Ich bewundere Menschen, die den Mut dazu haben. Und wenn ich dazu beitragen kann, diese Menschen zu unterstützen, tue ich das liebend gerne.

Das hast du auch 2020 im ersten Lockdown mit Nunus Ladenliste gemacht, die sehr schnell sehr bekannt wurde. Wie kam das?

Es war eine komplette Spontanidee. Ich bin heulend zuhause gesessen nach der berühmten Pressekonferenz am Freitag, auf der verkündet wurde, dass ab Montag alles zu ist. Ich war damals in Bildungskarenz und habe nicht an mich gedacht, sondern an meine selbstständigen FreundInnen mit kleinen Geschäften. Und ich hatte die Kohle nicht, sie zu unterstützen. Aber ich kann Lärm machen, ich kann laut sein. Und ich habe innerhalb von zwei Stunden ein kleines Team zusammengestellt, das sich sofort ins Projekt gestürzt hat. Das war eine Meisterleistung von allen. Dass die Liste dann so durch die Decke geht, war mir aber nicht klar. 

Das Wirtschaftsministerium hat dich danach um Rat für das Online-Portal „Kaufhaus Österreich“ gebeten …

… das fulminant gescheitert ist. Das Ministerium hat mich angerufen und zu einem runden Tisch eingeladen. Aus meiner NGO-Zeit wusste ich, dass ein Runder Tisch nur dazu da ist, um NGOS und andere Player ruhig zu stellen. Ich hab mich dann aber breit schlagen lassen. Wir haben dort schnell gemerkt, dass das Projekt nicht gut vorbereitet war und vor allem Schlagzeilen produzieren sollte. Die Umsetzung war dann eine unglaubliche Blamage und ist nach wenigen Wochen wieder eingestampft worden.

„Wir machen eine Wirtinnen-Tour, weil wir 2023 haben. Weil es ganz normal sein sollte, dass auch Frauen an der Spitze die Gastro schupfen.“

Die damalige Wirtschaftsministerin Schramböck hat ausgerechnet am Weltfrauentag noch für einen Eklat gesorgt …

Ein Jahr später war Margarete Schramböck zum Puls 4-Bürgerforum eingeladen. Ich war dort engagiert und konnte Fragen stellen zur Unterstützung von Selbstständigen seitens des Ministeriums. Und die Ministerin antwortet: „Jaja die Nunu, ich weiß die mag, unsere Projekte nicht so …“ Wir waren uns davor nur einmal persönlich begegnet und natürlich per Sie. Für mich war das ein „du“ im Sinne von: Ich mach dich klein. Unabgesprochen im Live-Fernsehen, noch dazu am 8. März.  

Weil der 8. März eine besondere Bedeutung hat?

Ganz besonders am Weltfrauentag sollten wir – Frauen wie Männer – Solidarität mit Frauen und ihrer Situation zeigen und ich habe Schramböcks Verhalten als unsolidarisch empfunden. Denn wir sind wie erwähnt weit weg von einer Gleichbehandlung, sei es im Job oder generell in der Gesellschaft. 

Und da fallen Symbole wie ein „du“ statt einem Sie ins Gewicht?

Ja, weil wir diese Symbole, diese Rollenbilder und Klischees endlich aufbrechen müssen. Als Politikerin sollte man sich dieser Vorbildwirkung bewusst sein. Eine Gesellschaft ändert sich nur langsam und es gibt so viele Ansatzpunkte. Das bringt mich wieder zur Wirtinnen-Tour. Seien wir ehrlich: Wenn wir eine reine Männer-Tour hätten, würde uns das gar nicht auffallen. Deshalb sollten wir so lange eine Frauen-Tour machen, bis es einfach nicht mehr auffällt, weil es normal ist. Weil wir alle Klischees, Symbole und Rollenbilder aus dem Weg geräumt haben.

Wir wurden schon gefragt, ob Männer an der Wirtinnen-Tour teilnehmen dürfen. Dürfen sie?

(lacht.) Ich kann die Frage leider nicht sehr ernst nehmen. Na unbedingt sollen Männer kommen. Würden wir nur Frauen auf der Tour haben wollen, würden wir ja wieder eine Sondersituation schaffen. Es ist einfach leiwand, dezidiert zu einer Wirtinnen-Tour zu kommen. Ich finde das super und selbstverständlich sind alle eingeladen. Alle können kommen, das ist ganz normal.

„Hauptsache, die Hütte ist lässig und man kommt halbwegs mit dem Rad hin“

Florian Holzer ist DER Wiener Gastro-Kritiker. Woche für Woche füllt er Kolumnen für den Falter und den Kurier. Er war sofort einverstanden, als wir ihn gebeten haben, uns eine Tour zu kuratieren. Im Interview mit GG spricht er über Food Trends in Wien und Welt, über abgefuckte Bezirke und warum uns Essen eine Geschichte erzählen muss.

Du kuratierst für Gusto Guerilla eine Tour im Westen von Wien. Wie bist du ausgerechnet auf den 14. Und 15 Bezirk gekommen?

Ich bin im 14. Bezirk aufgewachsen. Früher war diese Ecke von Wien tot, in jeder Hinsicht. Deshalb war ich im Vorjahr bei der Recherche für meinen Grätzl-Bericht völlig geflasht über das, was da an neuen, frischen Lokalen aufgepoppt ist.

Viele der #wienerwirtInnen leisten Pionierarbeit, wenn sie neue Konzepte an die Stadtränder tragen. Muss man sie dafür bewundern?

In Wien ja. Der Esprit anderer Großstädte, wo es cool ist, in abgefuckte Bezirke zu gehen, ist bei uns noch nicht so ausgeprägt. Deshalb ist es immer wieder erfreulich, wenn‘s dann noch passiert, am Schwendermarkt, in der Schweglerstraße oder der Märzstraße zum Beispiel, wo mittlerweile die Post abgeht. Vor den Pionieren ziehe ich meinen Hut. Es begeistert mich, wenn die Jungen mitziehen und es ihnen scheißegal ist, wo sie hingehen, Hauptsache, die Hütte ist lässig ist und man kommt halbwegs mit dem Rad hin.

Wie wird man eigentlich Gastrokritiker?

Du musst journalistisch arbeiten wollen und Interesse am Essen und Trinken oder an Restaurants haben. Das muss nicht unmittelbar zusammenhängen. Das Restaurant ist eine komplexere Einheit, da geht es auch um Stimmungen, um Atmosphäre, um Architektur, und Sozialstrukturen. Ich finde das Gesamtmodell Gastronomie einfach interessant.

Was macht für dich gutes Essen aus?

Es muss eine interessante Geschichte erzählen und sich von der Rolle der der reinen Sättigung emanzipieren können. Ein gutes Essen weckt positive Emotionen.

Also mit Eiernockerl und Salat wird man dich nicht locken?

Wenn das Mehl ein spezielles ist und die Eier zum Beispiel von Paolo Parisi kommen, der Ziegenmilch ins Futter seiner glücklichen Hühner mischt – warum nicht. Die Geschichte dahinter muss gut sein.

„Ein guter Wirt hat Charisma und ist für seine Sache entflammt. Er hat eine Geschichte zu erzählen.“

Und was macht die gute Wirtin, den guten Wirt aus?

Ein guter Wirt hat Charisma, Feuer, ist für seine Sache entflammt. Er hat eine Geschichte zu erzählen und einen guten Grund, warum er Wirt geworden ist. Ein guter Wirt ist ein leidenschaftlicher Gastgeber und er hat eine Message, die er an seine Gäste weitergeben will.

Hast du mittlerweile einen Riecher, ob ein Gastro-Konzept aufgeht?

Ich habe mich schon oft geirrt und sehe mich auch nicht als jemand, der Prognosen abgibt. Ich bin ein Chronist für das Neue. Und die Prognose wird auch immer unwichtiger, weil du dich als Gastronom heute viel schneller neu erfinden musst als früher.

Warum müssen sich WirtInnen neu erfinden?

Millenials reagieren schneller, weil sie keine Wiener mehr sind, sondern in der Source leben, die globale Trends aufgreift. Deshalb gibt es zwei interessante Parallelwelten: Wir Boomer und unsere Kinder. Gefühlt beschleunigt sich die Welt vor allem für die Jungen.

Was ist der nächste Foodtrend?

Es gibt so viele, aber Veganismus ist sicher ein Megatrend. Eine junge Generation will sich nicht mehr den Kopf darüber zerbrechen, ob ihr Fleisch aus Massen- oder eh ganz okayer Streicheltierhaltung ist. Damit wollen die Kids nichts mehr zu tun haben. Für Fleischfresser wie mich gibt es so viele tolle andere Trends. Zum Beispiel XO-Fleisch von zehn Jahre alten Milchkühen, das finde ich großartig.

Läuft ein Megatrend nicht auch Gefahr, komplett industrialisiert zu werden?

Veganismus kann so viel und wird sich irgendwann vom Trend zum reinen Fleischersatz wegbewegen. Die orientalische, die mediterrane oder asiatische Küche ist derartig voll von großartigen veganen Gerichten. Und man muss sie nicht nachbauen, es reicht, sich inspirieren zu lassen und neue, selbstbewusste Speisen zu entwickeln. Das passiert ja jetzt schon.

„Es gibt Lokale, die sind nur deswegen bummvoll, weil man dort gute Selfies machen kann. Das packe ich nicht.“

Wie stehst du zur Regionalität?

Ich halte Regionalität nach wie vor für ein sehr reizvolles Thema. Allerdings hat es manchmal einen nationalen Mief. Außerdem, was bedeutet Regionalität? Ist der Vorarlberger Bergkäse hier in Wien für mich regionaler als die ungarische Paprika? Für große Handelsketten ist Regionalität oft ein Feigenblatt wie das Fairtrade-Siegel, von dem der Handel auch am Allermeisten profitiert. Es reicht eben nicht, in den Supermarkt zu gehen und regional oder bio einzukaufen, wenn man sich richtig und zukunftsträchtig ernähren möchte. Dafür muss man sich mindestens so viel mit Ernährung beschäftigen wie mit Social Media.

Apropos Social Media, dort hat sich eine gigantische Foodie-Szene etabliert. Wie stehst du dazu?

Es gibt Lokale, die sind nur deswegen bummvoll, weil man dort gute Selfies machen kann. WHAT?! Das sehe ich, aber ich verstehe es nicht und kann das auch nicht mehr nachvollziehen. Ehrlich gesagt packe ich das nicht ganz. Für mich ist das eine völlig bizarre Welt und ich hoffe, das Ganze wird entweder so schräg, dass es schon wieder lustig ist, oder es schleift sich ein.

Kochst du eigentlich selbst?

Ich koche fast jeden Tag und nicht unter drei Gänge, weil mich das einfach gut runterholt. Ich koche alles, was man als Soulfood bezeichnen kann, also super ausschaut, leicht zu beißen ist und interessant schmeckt. (lacht)

Wie stehst du zu Lieferdiensten?

Die Gemüsekiste vom Adamah oder die Sachen von Markta finde ich großartig, weil sie dir Lebensmittel liefern, mit denen du dich sonst vielleicht nicht so auseinandersetzt. Aber ich mag das Einkaufen gehen, in kleinen Bioläden oder auf Märkten. Das ist ein Erlebnis, auf das ich nicht verzichten wollen würde. Saisonalität ist mir dabei wichtig. Ich freu mich jetzt schon auf den Bärlauch. Und wenn der Spargel Saison hat, gibt es keinen Tag, an dem ich nicht Spargel koche.

Neuauflage für „Gusto Guerilla“ in Graz

Erschienen in der Kleinen Zeitung im Juni 2022. 

Der Beitrag in der Kleinen Zeitung.

Nach der Premiere im Vorjahr lädt „Gusto Guerilla“ am 2. Juli wieder zum Schmausen in Graz. Zwölf kulinarische Stationen können dabei auf eigene Faust entdeckt werden.

Zwölf Kilometer, zwölf kulinarische Stationen – das sind die Eckpunkte des Events. Mit einem Ticket (um 39 Euro) sichert man sich zwölfmal kleine Gaumenfreuden. Mit dabei ist ein Mix an Geheimtipps, Newcomern und bekannten Gastro-Institutionen. Sechs neue Lokale sind diesmal dabei. Die Route, die man am besten per Rad absolviert, führt vom Lendplatz über die Innere Stadt und Geidorf bis nach St. Leonhard und retour. Der kulinarische Bogen spannt sich dabei über Kärnten, die Adria, Italien, Spanien, Afrika und Indien.

„Gut für den Gaumen und den Planeten“

„Die Idee dahinter war es ursprünglich, etwas auf die Beine zu stellen, was die Gastronomen im Lockdown stärkt“, erzählt Wolfgang Bergthaler. Er hat die Veranstaltung im Vorjahr nach Graz geholt, die in Wien bereits wiederholt über die Bühne ging. „Wir richten einen Scheinwerfer auf ausgewählte Lokale und regionale Produzenten und Produzentinnen mit dem richtig guten Zeug – gut für den Gaumen und den Planeten“, so der Wiener Gusto-Guerilla-Gründer Stefan Knoll.

Zwölf Kilometer, zwölf kulinarische Stationen – das sind die Eckpunkte des Events. Mit einem Ticket (um 39 Euro) sichert man sich zwölfmal kleine Gaumenfreuden. Mit dabei ist ein Mix an Geheimtipps, Newcomern und bekannten Gastro-Institutionen. Sechs neue Lokale sind diesmal dabei. Die Route, die man am besten per Rad absolviert, führt vom Lendplatz über die Innere Stadt und Geidorf bis nach St. Leonhard und retour. Der kulinarische Bogen spannt sich dabei über Kärnten, die Adria, Italien, Spanien, Afrika und Indien.

„Gut für den Gaumen und den Planeten“

„Die Idee dahinter war es ursprünglich, etwas auf die Beine zu stellen, was die Gastronomen im Lockdown stärkt“, erzählt Wolfgang Bergthaler. Er hat die Veranstaltung im Vorjahr nach Graz geholt, die in Wien bereits wiederholt über die Bühne ging. „Wir richten einen Scheinwerfer auf ausgewählte Lokale und regionale Produzenten und Produzentinnen mit dem richtig guten Zeug – gut für den Gaumen und den Planeten“, so der Wiener Gusto-Guerilla-Gründer Stefan Knoll.

Gusto-Guerilla-Radtour: Immer dem Geschmack nach

Erschienen im Standard im April 2022. 

Der Beitrag im Standard.

Abseits vom Zentrum, in aufstrebenden Wohnbezirken wie dem 14. oder 15. Hieb, tut sich in Wien kulinarisch einiges. Entdecken kann man die Lokal-Geheimtipps auf einer Gusto-Guerilla-Tour mit dem Rad.

Gebackene Blunzenradln auf Erdäpfel-Vogerl-Salat werden im Bio-Meisel im 14. Bezirk serviert – ein ehrlicher Wirtshausklassiker in einem ehrlichen Wirtshaus. Die Gaststube ist optisch schon etwas in die Jahre gekommen, der Service ist eher gemütlich – aber die Blunzen schmeckt hervorragend. Anfang 2020, zwei Monate vor dem ersten Lockdown, hat Michael Skorepa das Lokal übernommen, bereits seit 2016 betreibt er den Bioladen Biologos gleich ums Eck. Das habe ihn über den holprigen Start hinweggerettet, meint er, Kundinnen und Kunden, die das Geschäft schon kannten, hätten ihm die Treue gehalten und das Projekt zum Teil sogar mit Gutscheinen vorfinanziert.

Das Bio-Meisel ist nur eines der Lokale, die bei „Gusto Guerilla“ dabei sind. Die Initiative bietet verschiedene (Rad-)Gourmettouren in Wien und mittlerweile auch in Graz an. Das Konzept lässt sich in einem Satz auf den Punkt bringen: Man kostet sich entlang einer bestimmten Route durch die sorgfältig zusammengestellten kulinarischen Kostproben ausgesuchter Gastrobetriebe und entdeckt so die Stadt aus einem neuen Blickwinkel.

Die Tour „Die Besten im Westen“ verbindet insgesamt zwölf Stationen im sechsten, siebenten, 14. und 15. Bezirk, ein Gebiet, in dem sich in den vergangenen Jahren kulinarisch unglaublich viel getan hat. Die meisten Foodies klappern die Route mit dem Rad oder den Öffis ab, besonders Motivierte können sich die rund zehn Kilometer auch zu Fuß ergehen. Insgesamt sieben Stunden hat man Zeit, um alle Lokale zu entdecken. Den Hunger, den man sich so erarbeitet, braucht man auch, über den Tag verteilt kommt bei den Verkostungen nämlich einiges zusammen.

Wirte aus Überzeugung

Nach Wien gebracht hat die Idee, die andernorts schon länger umgesetzt wird, Initiator Stefan Knoll: „Das Konzept ist sehr radaffin, das hat mir gut gefallen. Man kann die Lokale auf eigene Faust entdecken und hat trotzdem ein Festival-Feeling. Es sind ja insgesamt 250 bis 300 Menschen auf der gleichen Route unterwegs.“ In der Liste der teilnehmenden Betriebe findet sich für jeden Geschmack etwas: Kaffeerösterei, Marktstand-Greißlerei, klassisches Wirtshaus, neu belebte Geschäftslokale oder hohe Patisseriekunst – das Angebot deckt wirklich alles ab, was man sich für einen gelungenen und ausgewogenen Gourmettag wünschen kann.

Ein wesentlicher Punkt bei der Auswahl der teilnehmenden Betriebe ist für Knoll deren soziale Nachhaltigkeit: „Wir richten den Fokus auf zum Teil versteckte Lokale und Geschäfte, die aber in ihrem Grätzel gut etabliert sind, die ein besonderes Konzept haben und bei denen die Betreiber wirklich dahinterstehen.“ Vor allem in den Geschäften kann man einige Schmankerln auch zum Mitnehmen finden. Es empfiehlt sich daher, nicht nur mit einem leeren Bauch, sondern auch mit einem leeren Rucksack loszustarten.

Tatsächlich sind die Wirtinnen und Wirte echte Überzeugungstäter, das merkt man in jedem einzelnen der Lokale, die ausschließlich inhabergeführt sind. Systemgastronomie und größere Ketten stehen bewusst nicht auf dem Programm. Knoll betont: „Die Teilnehmenden brennen für ihr Konzept, gehen mit ihren Ideen an die Stadtränder, in kulinarisch noch nicht so erschlossene Gegenden und Wohngebiete und leisten da echte Pionierarbeit. Ich finde, das sollte man auch in den Mittelpunkt rücken.“

Ein solcher Pionier ist etwa das Café Z in der Meiselstraße, vor acht Jahren hat es Christa Ziegelböck übernommen. Die ersten Jahre waren zäh, erzählt sie. Aber junge Familien, Kunst- und Kulturschaffende erfreuen sich mittlerweile als Stammpublikum an den stets frisch zubereiteten Gerichten. Gleichzeitig ist es Ziegelböck wichtig, niemanden zu verdrängen. Der gut erhaltene 1960er-Jahre-Charakter des Lokals sorgt dafür, dass sich hier auch ältere Damen und Herren die Cremeschnitten schmecken lassen.

Frisches Marktleben

Prinzipiell ist die Tour so aufgebaut, dass man einer klaren Route folgt, auf der sich ein Lokal an das nächste reiht. Aber man kann auch hin und her springen. Vom Café Z etwa auf den Schwendermarkt. Wo man vor wenigen Jahren noch vorwiegend nach billigem Bratfett riechende Lokalitäten gefunden hat, hat sich ein buntes Marktleben entwickelt.

Eines der Highlights dort: die Weinviertlerie. Ein echter Greißler, bei dem es (fast) nichts gibt, das weiter als 100 Kilometer nach Wien anreisen muss, alles selbst ausgesucht von Betreiber Dietmar Püringer, einem gebürtigen Weinviertler. Bei einem Achtel Grüner Veltliner und einem Verhackert-Brot erzählt er davon, wie viel Herzblut in den Produkten direkt vom Bauern steckt. Das gilt übrigens auch für die Kostproben zwei Stände weiter. Dort produziert die Marke Unverschwendet nach dem Zero-Waste-Konzept Marmeladen, Sirupe und Chutneys aus Obst und Gemüse, das den normalen Verkaufsstandards nicht entspricht.

Externes Wohnzimmer

Ein weiteres Highlight der Tour ist das Franzundjulius am Kriemhildplatz im Niebelungenviertel. Im Herbst 2019 hat Ulla Harms es in einem ehemaligen Tischlereilager eröffnet – als Ergänzung zu ihrem Buchkontor daneben. Die liebevoll hergerichtete Flügelschwingtür, die freigelegten Jugendstilfliesen, die köstlichen, frischgebackenen Kuchen und die gute Stimmung vermitteln das perfekte Zweites-Wohnzimmer-Gefühl.

Weiter geht’s ums Eck ins ideale Stammbeisl. Der Brauhund – früher in der Märzstraße, seit 2019 in der Schweglerstraße – ist ein feines Grätzellokal mit sechs verschiedenen Bieren und Cider vom Fass. Als Kostprobe werden Tacos serviert, mit Chorizo oder auch als vegetarische Variante mit Karfiol. Gefühlslage hier am Nachmittag, nach bereits einigen Stationen: tiefenentspannte Partystimmung. Man könnte hier richtig hocken bleiben, gäbe es nicht noch einiges mehr zu entdecken.

Also geht es weiter zu den Cevapcici im Sofra an der Märzstraße – ein Balkan-Schnellimbiss, der geschmacklich so viel mehr hält, als er verspricht. Herausragend: das kurz in Rindssuppe getauchte und dann gegrillte Fladenbrot. Am Abend hat man viele Kilometer in den Beinen, herrliches Essen im Bauch und ist froh, wenn man den Rest des Abends auf der Couch verbringen darf. (Pia Kruckenhauser, 25.4.2022)

Zu den besten Happen strampeln – Kronen Zeitung

Erschienen in der Kronen Zeitung im April 2022. 

Der Beitrag in der Krone

Sieben Stunden an der frischen Luft, gut 16 Kilometer mit dem Rad (alternativ den Öffis oder per pedes) und Schmankerl aus zwölf Lokalen und Läden, die nachhaltig und speziell sind: Zum 2. Mal laden die Gusto Guerillatours in Graz zum lässigen Event ein; ab 30. April!

Schon beim ersten Mal geriet die Veranstaltung zum Hit, jetzt gibt es sie wieder. Über eine App kann man sich die Route, die von Eggenberg über Lend bis hin zum Univiertel und retour führt, herunterladen und sie dann auf eigene Faust erkunden.

In der Teilnahmegebühr enthalten sind auch herrliche Happen in Lokalen, die abseits vom „Mainstream“ nachhaltig arbeiten. Und in denen es so köstliche Happen wie vegetarisches Curry, Krenduline (frühlingshaft gefüllte Teigtaschen), hausgemachte Strudel, georgische und levantinische Spezialitäten gibt.

„Das ist ein Angebot, das gut zu uns passt“, klatscht Graz-Tourismusboss Dieter Hardt-Stremayr Beifall.